Die Zürcher Linke tobt. Der Grund: Ausländerinnen und Ausländer im Kanton Zürich erhalten auch künftig kein Stimm- und Wahlrecht auf Gemeindeebene. Der Kantonsrat hat eine Behördeninitiative der Stadt Zürich, welche den Gemeinden die fakultative Einführung des Ausländerstimmrechts ermöglichen wollte, mit 84 gegen 82 Stimmen bei zwei Enthaltungen abgelehnt.
«Der Rat verweigert damit Hunderttausenden ohne Schweizer Pass im Kanton Zürich die Mitbestimmung», schimpft Juso-Präsident und Kantonsrat Nicola Siegrist (26) auf Twitter.
Die «Schuldigen» für die Niederlage sind schnell gefunden: Die beiden FDP-Kantonsrätinnen Isabel Garcia (59, vormals GLP) und Sonja Rueff-Frenkel (50) haben sich der Stimme enthalten. Hätten sie Ja gestimmt, hätte es im Kantonsparlament ein Patt gegeben – und dann hätte der Stichentscheid der SP-Ratspräsidentin den Ausschlag zugunsten des Ausländerstimmrechts gegeben.
Beide im Secondas-Vorstand
Eigentlich wäre es ja nichts Besonderes, wenn zwei FDP-Frauen das Ausländerstimmrecht nicht unterstützen. Bloss: Die beiden Frauen sind Vertreterinnen des Vereins Secondas Zürich, der sich schon lange für das Anliegen einsetzt. Garcia ist Präsidentin, Rueff-Frenkel Vorstandsmitglied.
Besonders gross ist die Wut bei den Linken auf Garcia. Diese hatte schon mit ihrem umstrittenen Parteiwechsel kurz nach den Wahlen von der GLP zur FDP für Unmut gesorgt, weil die damit die sogenannte Klima-Allianz aus SP, Grünen, AL und GLP im Kantonsrat ihre knappe Mehrheit verlor. In seiner Twitter-Tirade spielte Siegrist auch darauf an: «Es fehlten exakt zwei Stimmen. Schon wieder Wähler*innenbetrug?»
«Zuerst FDP-Politikerin»
Gegenüber dem «Tages-Anzeiger» erklärt Rueff-Frenkel ihre Enthaltung so: «Ich bin zuerst FDP-Politikerin und erst danach Secondas-Vertreterin.» Sie habe in der FDP-Fraktion für das Ausländerstimmrecht gekämpft, sei aber unterlegen. Sie habe ihre Partei nicht desavouieren wollen.
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Doch selbst bei einem Ja der beiden Frauen wäre das Ausländerstimmrecht längst nicht in trockenen Tüchern gewesen. Das Zürcher Stimmvolk hätte auch noch entscheiden müssen – und da dürfte die Hürde um einiges höher sein, wie die Erfahrungen in verschiedenen Kantonen zeigen. Auch im Kanton Zürich wurde 2013 eine entsprechende Volksinitiative hochkant abgelehnt. (rus)