Endlich! Nach 14 Jahren ist für Deutschschweizer SVP-Mannen und -Frauen unter der Bundeshauskuppel die vermutlich einmalige Chance gekommen: Im Bundesrat wird der Sitz von Finanzminister Ueli Maurer (71) frei. Das Kandidaten-Karussell dreht schon, wer an die Hebel der Macht will, muss jetzt parat sein.
Doch Vorsicht! Die Konkurrenz ist gross. Gewählt werden kann nur einer oder eine. Und der Weg bis zur Wahl am 7. Dezember ist mit Fallstricken und Fettnäpfchen gespickt. Der Blick-Ratgeber hilft Ihnen, sie auf dem Weg zum Polit-Olymp zu umdribbeln.
Nach dem Rücktritt
Am Anfang ganz wichtig: Ruhe bewahren! Wer sein Interesse zu früh verkündet, dann aber von der Partei nicht mal aufs Kandidaten-Ticket gesetzt wird, muss mit der Zwei auf dem Rücken leben.
Wenn Sie Ambitionen haben, loten Sie erst mal Ihre Chancen aus – in den eigenen Reihen und bei den anderen Fraktionen. «Ich muss mir das überlegen» oder «Ich muss die Situation zusammen mit Familie und Partei analysieren» sind bewährte Floskeln. Lassen Sie sich nicht in die Karten schauen, so halten Sie auch das Interesse der Medien hoch.
Doch Achtung: Aussagen wie «Ich habe mir das noch nie überlegt», wie von der Zürcher Gesundheitsdirektorin Natalie Rickli (45), wirken wenig glaubwürdig, wenn Sie schon mehrfach als potenzielle Kandidatin gehandelt worden sind.
Das Verzögern
Wobei: Die Zeit der Kandidatensuche ist die Zeit des Flunkerns. Nur weil jemand sagt, er wolle nicht, muss das nicht so sein. So können Sie sich nämlich überreden lassen. Sie tun es dann der Partei oder – noch besser – dem Land zuliebe. Das hat schon SVP-Übervater Christoph Blocher (81) vorgemacht.
Bevor Sie wirklich in den Ring steigen: Suche Sie nach Leichen in deinem Keller. Die Findungskommission wird Sie auf Herz und Nieren prüfen. Ist Ihre Weste wirklich schneeweiss? Wenn nein: Verzichten Sie. Und begründen es wahlweise damit, sich auf berufliche Herausforderungen/die Vertretung Ihres Kantons/Ihrer Familie konzentrieren zu wollen.
Die Ankündigung
Wie verkündet man am besten seine Kandidatur? Ignazio Cassis (61) wurde kritisiert, dass er als Tessiner das in einer Deutschschweizer Zeitung tat. Also machen Sie das besser im heimischen Lokalblatt. Oder im Blick ...
Natürlich haben Sie kein spezielles Departement im Auge. Es kann innerhalb des Bundesrats schliesslich zu Rochaden kommen. Und als Letztgewählte/Letztgewählter müssen Sie nehmen, was übrig bleibt. Sagen Sie also: «Für mich wäre jedes Departement eine spannende Herausforderung.»
Büffeln und anbiedern
Wenn Sie die Hürden der parteiinternen Findungskommission und der eigenen Fraktion geschafft haben, geht es erst richtig los. Nun müssen Sie sich nicht nur den anderen Parteien stellen, die Sie ja wählen sollen, sondern auch der Öffentlichkeit.
Frischen Sie hurtig Ihr Schulfranzösisch auf! Denn die welschen Medien sind richtig hinterhältig: Die stellen ihre Interviewfragen doch tatsächlich in ihrer Muttersprache! Ein paar Brocken Italienisch oder Rätoromanisch können Bonus-Punkte bei Tessinern und Bündnern bringen.
Flexibel bleiben!
In den Hearings bei den anderen Fraktionen schadet eine gewisse Flexibilität in der Haltung nicht. Aber Vorsicht: Man darf dabei die eigene Parteilinie nicht vergessen. Nominiert werden Sie erstens durch die eigene Fraktion – und die anderen werden sonst zweitens misstrauisch.
Dann die öffentlichen Auftritte. Vermeiden Sie es, auswendig gelernte Parteiparolen herunterzubeten. Die Bevölkerung kann Sie zwar nicht wählen, aber ein guter Aussenauftritt wird auch im Parlament bemerkt.
Auf der Podiumsbühne zählen Charisma, Witz und Schlagfertigkeit. Und das Wissen, wann man besser schweigt. Randbemerkungen wie «Dä isch en Depp» – passierte Heidi Z'graggen 2018 – solltest du vermeiden, wenn du nicht sicher bist, dass das Mikrofon wirklich aus ist.
Nicht verzagen!
Dann der 7. Dezember – Wahltag! Sie haben es weit geschafft. Gratulation! Nun liegt es nicht mehr in Ihren Händen. Und wenn es nicht klappt, nicht verzagen: Sogar das Parlament kann in seiner Weisheit mal danebenliegen.