Rückzugsgefecht des FDP-Bundesrats bei der Waffen-Lobby
Ignazio Cassis erntet Spott von links

Einen Monat hat es Ignazio Cassis bei der Waffenlobby ausgehalten. Nun hat er sich bereits zurückgezogen. Die FDP-Kommission, welche die Cassis-Kandidatur genauestens ausleuchtete, nimmt sich aus der Verantwortung.
Publiziert: 17.10.2017 um 17:26 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 09:50 Uhr
Der designierte Aussenminister Ignazio Cassis knickt nach öffentlicher Kritik an seinem Engagement bei der Waffenlobby ein und kündigt seine Mitgliedschaft bei Pro Tell nach nur einem Monat.
Foto: Keystone
Nico Menzato

Nach nur einem Monat hat der designierte Aussenminister Ignazio Cassis (56) seine Mitgliedschaft bei der Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht, Pro Tell, bereits wieder gekündigt. Als Grund gibt der Tessiner die negativen Reaktionen nach Bekanntwerden seines Engagements an.

Pro Tell kämpft gegen jede Verschärfung des Waffenrechts in der Schweiz und geht damit auf Konfliktkurs mit der EU. Cassis wäre als erster Bundesrat Mitglied dieser Vereinigung geworden.

SP-Wermuth: «Gute Nacht, Schweiz»

Doch so weit kommt es noch nicht. Reicht also ein bisschen Kritik, damit der FDP-Politiker bereits einknickt? Für die Ratslinke, die sich gegen die Wahl Cassis' gestemmt hat, ein gefundenes Fressen. «Wenn Cassis auch in internationalen Verhandlungen so standhaft und konsequent ist, dann gute Nacht», twitterte SP-Nationalrat Cédric Wermuth (31).

Cédric Wermuth.

Der Aargauer spart nicht mit Spott und Ironie: Er spekuliert darauf, dass sich Cassis, nachdem nun die Wahl vorbei sei, in Italien wieder einbürgern lasse. Zur Erinnerung: Kurz vor der Wahl gab der Tessiner seinen italienischen Pass ab. Kritiker monierten, er biedere sich mit dieser Aktion bei der Rechten an.

FDP-Fiala: «Ein weiser Entscheid»

«Cassis hat das Spannungsfeld, in das er sich begab, offensichtlich unterschätzt», sagt FDP-Nationalrätin Doris Fiala (60). Es sei aber «weise, dass er nun als gewählter Bundesrat alle Mitgliedschaften überprüft und wenn nötig die Konsequenzen zieht».

Die Zürcherin nimmt den Tessiner in Schutz. Es sei alles andere als sicher gewesen, dass er Bundesrat und Aussenminister würde. «Hätte er ein anderes Departement bekommen, hätte die Mitgliedschaft bei Pro Tell kaum zu solcher Kritik geführt.» Dass Cassis vor der Wahl nicht alles bis ins kleinste Detail durchgeplant habe, mache ihn sympathisch und zeige eben, dass er kein Opportunist sei.

Andere freisinnige Aussenpolitiker forderten im SonntagsBlick, dass Cassis bei Pro Tell kündige. «Ich kann nicht beurteilen, warum er kurz vor der Wahl Pro Tell beigetreten ist», sagt der Luzerner Ständerat Damian Müller (32). «Aber ich gehe davon aus, dass Herr Cassis alle Mandate abgibt, die in irgendeiner Weise seine Arbeit als Aussenminister tangieren könnten. Das gilt auch für die Mitgliedschaft bei Pro Tell.»

Findungskommission fand keine Leichen im Keller

Felix Gutzwiller
Foto: EQ Images

Die FDP-Prüfungskommission, die den Auftrag hatte, die drei Bundesratskandidaten genauestens auszuleuchten, nimmt sich aus der Verantwortung. «Wir haben von der Mitgliedschaft bei Pro Tell nichts gewusst und konnten auch nichts davon wissen», sagt alt Ständerat Felix Gutzwiller (69). Der Auftrag habe darin bestanden abzuklären, ob es Sachverhalte bei den Kandidaten gebe, welche die FDP-Fraktion kennen müsse. «Unsere Arbeit war Ende August abgeschlossen.»

Am 1. September nominierte die FDP-Fraktion alle drei Kandidaten für die Bundesratswahl. Und erst danach trat Cassis Pro Tell bei. «Im August war eine mögliche Mitgliedschaft bei Pro Tell kein Thema», so Gutzwiller.

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