Und plötzlich zeigt ein angeblicher Zuhälter namens Peter Kröger, Jobbeschrieb «Leiter Freudenhaus», wie viel er mit der Ausbeutung von Sexarbeiterinnen verdient. Oder eine leicht bekleidete junge Dame verrät, wie viel ihre «Bölle» ihr einbringen: Hacker haben die «Zeig deinen Lohn!»-Aktion der Unia attackiert. Seit gut einer Woche ist die Website online, auf der man mit Foto und kurzer Info seine Entlöhnung transparent machen kann.
Laut Unia-Sprecherin Nicole Niedermüller haben seither rund 125'000 Besucher auf www.zeig-deinen-lohn.ch vorbeigeschaut, 800 Menschen stehen mit Foto und Namen hin. Doch jetzt die Ernüchterung: «Gestern registrierten wir innerhalb weniger Minuten zig sexistische, hasserfüllte Einträge.»
Unia musste Websites offline nehmen
Angebliche Zuhälter, barbusige junge Frauen, aber auch Fake-Profile des russischen Präsidenten Wladimir Putin (65), TV-Hellseher Mike Shiva (54) oder der Schweizer Witz-Legende Guschti Brösmeli (79) überfluteten die Website. «Wir waren schockiert und sind mit dem Löschen nicht mehr nachgekommen», berichtet Niedermüller.
Das Problem: Die Gewerkschaft hat die Website «so niederschwellig wie möglich» konzipiert. Jeder soll möglichst unkompliziert mitmachen können. Aber genau damit machten es die Unia-Programmierer den Hackern einfach.
Wer steckt dahinter? «Derzeit tappen wir noch völlig im Dunkeln. Unsere Programmierer versuchen herauszufinden, woher die Bot-Attacken stammen. Aber es ist sehr anspruchsvoll, zu den tatsächlichen Tätern vorzudringen.» Auch heute Morgen wurde die Website abermals von Bots angegriffen.
Lohn- und Gleichstellungstabu schürt digitalen Frauenhass
Die Unia wollte mit «Zeig deinen Lohn!» das Schweizer Tabu, über die eigene Entlöhnung zu sprechen, brechen. «Aber anscheinend lösen wir damit auch den Hass auf Gleichstellungsthemen und den salonfähigen digitalen Frauenhass aus», so Niedermüller.
Für die Unia sind die falschen Posts doppelt unangenehm: Sie ziehen das Anliegen der Gewerkschaft, transparent über den Lohn zu sprechen, ins Lächerliche. Zudem portieren die Trolls mit den sexistischen Inhalten genau das herabwürdige Geschlechterbild, das Unia-Feministinnen bekämpfen. «Man versucht, der Gleichstellung mit Netz-Hass zu schaden», sagt Niedermüller.
Aber nicht nur die Linke wird attackiert. Trolls haben es auch auf die rechte Seite des Politspektrums abgesehen: Unter den sexistischen Fake-Posts findet sich unter anderem auch SVP-Nationalrat Erich Hess (37). Der Politiker, der in drei Parlamenten gleichzeitig einsitzt, wird darin als Abzocker dargestellt.
Trotz Sexismus-Attacke werten die Initianten die Aktion aber als Erfolg: «Insgesamt sind wir sehr erfreut. Schliesslich sprechen dadurch Tausende Köche, Handwerker, Flugassistenten und viele Arbeitnehmer mehr über ihren Lohn.»