Andreas Hablützel (57) weiss aus eigener Erfahrung, was die Betroffenen des grössten Schweizer Kindernotfalls gerade durchmachen. Wie Swiss Medi Kids kämpft auch seine Permanence ums Überleben. Auch bei ihm hat das Gerichtsurteil zu Gunsten der Krankenkassen alles ins Wanken gebracht. Hablützel ist Arzt und Verwaltungsratspräsident der kleinen Land-Permanence AG in Henggart ZH. Auch ihr droht das Aus, wenn die grossen Kassen die Sondertarife für Wochenende und Abendeinsätze seiner Ärzte nicht mehr zahlen.
26 Hausärzte haben sich zur Land-Permanence zusammengetan, sind selber die Aktionäre und leisten gemeinsam die Notfalldienste in der ländlichen Region nördlich von Winterthur. «Die Situation ist absurd», sagt Hablützel. «Der Kanton hat uns den Auftrag gegeben, Notfalldienste zu leisten. Und jetzt geben uns die Krankenkassen mit juristischen Formalitäten den Rest, indem sie gerichtlich erstritten haben, uns für Wochenenden und Abende keine Sondertarife mehr zahlen zu müssen, wodurch der Notfalldienst defizitär wird. Aber ohne diese überleben wir nicht.»
Permanencen in Schieflage
Was Hablützel mit «Formalitäten» meint , ist kompliziert und Juristenfutter. Hablützel versucht es vereinfacht zu erklären: Sie seien als ambulantes Institut eingetragen. Juristisch gesehen dürften sie in einer solchen Organisation aber offenbar keine Wochenend- und Dringlichkeitstarife mehr verlangen. «Berufsrisiko sei das, haben mir die Juristen von Helsana lapidar gesagt», so Hablützel.
Landärzte kämpferisch, Krankenkasse hält dagegen
Helsana ist der Hauptgegenspieler der Land-Permanence AG. «Das ist wie David gegen Goliath, wir mit 3,6 Millionen Franken Umsatz, die Helsana mit 7,8 Milliarden Franken Umsatz», rechnet Hablützel vor. Die Krankenkasse stellt hohe Rückforderungen, die sie in Form von Notfall-Pauschalen schon bezahlt hat.
Die zweitgrösste Krankenkasse der Schweiz mit über zwei Millionen Versicherten sieht die Argumente im finanziellen Streit mit der Land-Permenance auf ihrer Seite: Dass ärztliche Leistungen in den Abendstunden höher vergütet und entsprechend abgedeckt werden müssten, sei ein betriebswirtschaftlicher Kostenfaktor einer Permanence. «Es kann nicht sein, dass dies über eine unzulässige Vergütung finanziert wird», betont die Helsana gegenüber Blick. Als Krankenversicherer seien sie gegenüber ihren Prämienzahlenden verpflichtet, nur Leistungen zu vergüten, die gemäss Krankenversicherungsgesetz zulässig seien.
Landarzt Hablützel lässt das nicht gelten. Sie würden buchstabengetreu tarifkonform abrechnen, sagt er und gibt sich kämpferisch: «Wir werden alle Rückforderungen ablehnen und gehen bis vor Bundesgericht – falls wir nicht zuvor Konkurs gehen, wenn Helsana die Rechnungen nicht mehr bezahlt.»