Kommentar zum Überlebenskampf des Kindernotfalls
Niemand übernimmt Verantwortung – typisch für unsere Gesundheitspolitik!

Der Überlebenskampf von Swiss Medi Kids zeigt beispielhaft, woran unser Gesundheitswesen krankt. Erstens: Niemand will richtig Verantwortung übernehmen. Zweitens: Geld regiert die Medizinbranche. Drittens: Das Vertrauen in die Gesundheitspolitik ist angeschlagen.
Publiziert: 21.10.2024 um 01:02 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2024 um 10:18 Uhr
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Blick ins Praxiszimmer bei Swiss Medi Kids. In der Schweiz herrscht ein Mangel an Kinderärzten.
Foto: zvg
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Rolf CavalliStv. Chief Content Officer

Nach einem Bundesgerichtsurteil sind die meisten Krankenkassen nicht mehr bereit, Swiss Medi Kids einen Sondertarif für Einsätze an Wochenenden und abends zu zahlen. Der grösste Kindernotfall der Schweiz kämpft finanziell deshalb um seine Existenz. Nur einzelne Kassen wie Swica und CSS bieten Hand. Der zuständige Kanton und der Krankenversichererverband winken ab. Was sagt das aus über unser Gesundheitssystem?

Das Schwarz-Peter-Spiel

Kantone, Krankenkassen und Bund reden alle einer guten Grundversorgung das Wort. Aber wenn es wie bei Swiss Medi Kids um konkrete Hilfe geht, schieben alle die Verantwortung von sich. Jeder mit nachvollziehbaren Argumenten, aber letztlich auf Kosten der schwächsten Glieder in der Kette – in diesem Fall die betroffenen Eltern und ihre Kinder.

Die Macht des Geldes

Unsere Medizin ist auf die Ansprüche der Boomer ausgerichtet, nicht auf die Bedürfnisse der Babys. Ein Magen-Darm-Spezialist verdient gemäss Beobachter 448'0000 Franken im Jahr, ein Kinderarzt dreimal weniger. Ein Kinderarzt muss vor allem Zeit investieren in seine kleinen Patienten und kann nicht so viel abrechnen wie ein Spezialist, der dank immer moderneren Geräten mehr lukrative Untersuchungen anbieten kann. Die Folge: ein akuter Mangel an Kinderärzten.

Und was macht die Politik?

Kantone und Krankenkassen mehr in die Verantwortung nehmen, Arzttarife gerechter gestalten: Rennen wir da offene Türen ein? Tatsächlich liegen zu beiden Problemen Reformen auf dem Tisch.

Am 24. November entscheidet das Stimmvolk über die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen, die sogenannte Efas. Die soll ambulante Behandlungen fördern. Das ist vernünftig, weil günstiger. Aber zu viel versprechen sollte man sich von der Reform auch nicht. Swiss Medi Kids macht ja genau das: ambulant und günstig. Und wird trotzdem vom System nicht belohnt.

Ein Versprechen macht die Politik auch bei den Arzttarifen. Die werden nach jahrelangem Streit ab 2026 endlich neu geregelt. Haus- und Kinderärzte sollen dann etwas besser gestellt und der Selbstbedienungsladen bei den Spezialisten aufgeräumt werden.

Wir glaubens, wenn es so weit ist.

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