So kommen KMUs an Gratisgeld
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Maurer befiehlt Zinssatz Null:So kommen KMUs an Gratisgeld

Kritik aus dem Parlament
Missbrauchen KMU Maurers Hilfspaket?

Die rasche Auszahlung der Hilfskredite ist anfällig für Missbrauch. Beim Bund winkt man ab. Doch es gibt auch kritischen Stimmen. Denn über mögliche Kontrollen herrscht Uneinigkeit.
Publiziert: 02.04.2020 um 13:26 Uhr
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Aktualisiert: 03.04.2020 um 06:17 Uhr
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Tausende kleine und mittelgrosse Unternehmen in der Schweiz sind durch die Folgen der Corona-Krise in ihrer Existenz bedroht.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer

Für den Aargauer FDP-Nationalrat Matthias Jauslin (57) sind die KMU-Notkredite des Bundes eine Fehlkonstruktion. Vergangene Woche hatte SVP-Finanzminister Ueli Maurer (69) ein 20-Milliarden-Hilfspaket präsentiert. Gemeinsam mit den Banken will der Bund den kleinen und mittelgrossen Unternehmen (KMU) mit rascher und unkomplizierter Liquidität durch die Corona-Krise helfen. Die Geschwindigkeit hat aber auch einen Nachteil: Kontrollen gibt es kaum.

«Weder Banken noch Bund prüfen die Anträge», kritisiert Nationalrat Jauslin via Twitter. Wer einen Hilfskredit über fünf Jahre zu null Prozent Verzinsung wünscht, muss nur ein Formular ausfüllen. Damit gingen Kredite auch an marode Firmen, die auch ohne die Krise in einer Notlage wären, befürchtet Jauslin. «Sie kommen an Gratiskredite, ohne jegliche Sicherheiten vorweisen zu müssen – dies zulasten der Steuerzahler», doppelt er nach. «Oder würden Sie einem Wildfremden gratis und franko einige Tausender ausleihen, in der Hoffnung in fünf Jahren das Geld wieder zu kriegen?»

Bund befürchtet kaum Betrugsversuche

In den sozialen Medien regt sich Widerstand gegen die Kritik: Für CVP-Präsident Gerhard Pfister (57) gehört die Lösung zu den klügsten Massnahmen in der Corona-Krise. «Wenn du in der Lage bist, marode Firmen in nützlicher Frist zu definieren und auszusortieren, bevor die ersten gesunden Firmen kollabieren, gehörst du zu den Genies der Krisenmanager», meint er an die Adresse seines Nationalratskollegen.

Auch Finanzminister Maurer scheint Betrugsversuche kaum zu fürchten. So verweist er darauf, dass die Antragsteller mit ihrer Unterschrift für die Richtigkeit der Angaben haften. Wer im Formular bewusst falsche Angaben macht, begeht Urkundenfälschung und riskiert eine Busse bis zu 100’000 Franken und bis zu fünf Jahre Haft.

Finanzkontrolle äussert ebenfalls Befürchtungen

Doch Jauslin steht mit seiner Kritik nicht alleine. «Die Missbrauchsgefahr ist da», sagt auch Michel Huissoud, Direktor der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK). «Die Hilfen sind ein Massengeschäft, und es besteht Zeitdruck. Zudem basiert die Kreditvergabe auf der Selbstdeklaration der Kreditnehmer», wird er im «Tages-Anzeiger» zitiert.

Möglichkeiten für Betrug gibt es gleich mehrere: So könnten Unternehmen auch mehrere Anträge stellen. Und sie könnten versuchen, mehr Geld zu bekommen, als ihnen zusteht. Denn eigentlich sollten sich nicht mehr als zehn Prozent des Jahresumsatzes erhalten. Das aber wird bisher gar nicht kontrolliert.

Schwarz-Peter-Spiel zwischen Bund und Banken

Banken und Bund schieben sich nun gegenseitig den Schwarzen Peter zu. Die Banken müssten die Angaben der Antragsteller nicht kontrollieren, ist in dem Artikel weiter zu lesen. Dem widerspricht das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco): Die Banken seien durchaus angehalten, missbräuchliche Gesuche abzulehnen und festgestellte Missbräuche oder Betrugsversuche anzuzeigen.

Mittlerweile aber ist doch noch eine Kontrollstelle eingerichtet worden. Das Seco habe die Wirtschaftsprüfer von PWC beauftragt, sämtliche Anträge durchzusehen. So könnten zumindest Mehrfachanträge entdeckt werden. Und die EFK will anhand der Mehrwertsteuermeldungen prüfen, ob die Umsätze der Firmen im richtigen Verhältnis zu den Hilfskrediten stehen. Nur: Ob die Mittel auch tatsächlich im Sinne des Hilfspakets genutzt werden, ist auch weiterhin kaum zu kontrollieren.

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