Sie ist quasi die Mutter der «Ehe für alle»: GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy (42) brachte vor acht Jahren die gleichgeschlechtliche Ehe wieder aufs politische Parkett. Am Donnerstag hat sie nun – gemeinsam mit einem überparteilichen Komitee – die Pro-Argumente präsentiert.
Sie sagt: «Die ‹Ehe für alle› ist überfällig und eine Selbstverständlichkeit.» Ausser Italien und Kleinstländer wie der Vatikan ermöglichten alle westeuropäischen Länder die gleichgeschlechtliche Ehe bereits. Es werde Zeit, «eines der zentralsten gesellschaftspolitischen Anliegen» durchzusetzen. Alles andere sei «entwürdigend».
Auch SVP-Politiker im Komitee
Laut dem Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni (41) lässt sich die heute geltende «staatliche Diskriminierung» nicht länger begründen. Die «Ehe für alle» nehme niemandem etwas weg. Am Schluss gewinne die ganze Gesellschaft. «Es ist genug Ehe für alle da.»
Unterstützt wird das Anliegen auch vom Zürcher SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt (51). «Alle Leute sollen ihr Leben frei gestalten können», sagte er. Zu dieser Freiheit gehöre das Recht, diejenige Bindung einzugehen, die seit je die stärkste gewesen sei: die Ehe. Sie schaffe die Stabilität, die auch für Kinder wichtig sei – sei es von heterosexuellen oder gleichgeschlechtlichen Paaren.
300'000 Kinder in Regenbogenfamilien
«Die ‹Ehe für alle› ist eine Stärkung des Kindeswohls», sagte auch die Zürcher SP-Nationalrätin Min Li Marti (47). Heute lebten bis zu 30'000 Kinder in sogenannten Regenbogenfamilien. Für sie bedeute die Vorlage nichts weniger als Rechtsgleichheit. Der Genfer Grünen-Nationalrat Nicolas Walder (55) sprach vom «Ende der Diskriminierung».
Eingetragene Partnerschaft nicht gleichwertig
Heute können zwei Frauen oder zwei Männer in der Schweiz nicht heiraten. Sie haben lediglich die Möglichkeit, eine eingetragene Partnerschaft einzugehen. Pro Jahr tun dies etwa 700 Paare. Diese eingetragene Partnerschaft wurde in den vergangenen Jahren in einzelnen Punkten rechtlich der Ehe angenähert. Es bestehen aber weiterhin grosse Unterschiede.
Mit der vom Parlament verabschiedeten Vorlage sollen gleichgeschlechtliche Paare künftig zivil heiraten dürfen. Sie würden anderen Ehepaaren damit institutionell, aber auch rechtlich gleichgestellt. Das gilt etwa für die erleichterte Einbürgerung eines ausländischen Ehegatten oder einer ausländischen Ehegattin.
Adoption soll erlaubt werden
Homosexuelle Paare sollen zudem gemeinsam ein Kind adoptieren können. Ausserdem erhalten verheiratete Frauenpaare Zugang zur gesetzlich geregelten Samenspende. Die anonyme Samenspende, die Eizellenspende und die Leihmutterschaft bleiben für alle verboten.
Im Komitee engagieren sich neben achtzig Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier auch viele Unternehmen, die Operation Libero und die Community. Trotz breiter Unterstützung und guten ersten Umfrageergebnissen warnt Komiteemitglied Daniel Stolz (52, FDP) vor der Abstimmung am 26. September: «Es ist noch gar nichts gewonnen.» (SDA)