Sie sind wiederverwendbar, angenehm zu tragen und sehen erst noch hübscher aus als die Pendants aus Vlies: Seit der Einführung der Maskenpflicht im ÖV erfreuen sich Stoffmasken steigender Beliebtheit. Auch Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60) trug vergangene Woche während ihres Staatsbesuchs in der Ukraine eine geblümte Textilmaske.
Doch schützen die Masken aus Stoff auch? Damit Käuferinnen und Käufer die Qualität besser beurteilen können, hat die ETH-Forschungsanstalt Empa im Auftrag der wissenschaftlichen Corona-Taskforce des Bundes im Frühling Empfehlungen für Textilmasken entwickelt. Auch ein eigenes Label für die sogenannten Community-Masken wurde ins Leben gerufen. Von einem Meilenstein war in einer Medienmitteilung die Rede, welche auch der Bund verbreitete.
Das Label ist bislang ein Flop
Allerdings: Drei Monate nach der Lancierung gibt es noch immer keine einzige Labelmaske auf dem Markt. Das Label ist bislang ein Flop.
Die Hintergründe sind komplex. BLICK sprach mit diversen Involvierten, deren Aussagen auch nach mehrfachem Nachfragen zum Teil widersprüchlich bleiben. Jeder verweist auf den anderen. Und einiges von dem, was gesagt wird, will man nicht in der Zeitung lesen. Sämtliche Involvierten betonen, dass es keinen Konflikt gebe – auch wenn die Fakten teilweise eine andere Sprache sprechen.
«Sehr ambitionierte» Vorgaben
Für das Maskenlabel verantwortlich ist das Zürcher Textilprüfunternehmen Testex. Die Nachfrage nach dem Qualitätssiegel sei sehr gross, sagt Marketingchef Marc Sidler. Dass sich trotzdem noch keine Maske damit schmücken darf, liegt laut seinen Aussagen daran, dass bisher kein Produkt alle vier Anforderungen der Taskforce erfüllt. Dabei geht es darum, dass die Maske zwar genügend Luft, aber möglichst wenig Viren und keine Speichelspritzer durchlässt. Zudem muss sie waschbar sein.
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Testex-Sprecher Sidler lässt durchblicken, dass er die Mindestwerte, welche die Corona-Taskforce festgelegt hat, für «sehr ambitioniert» hält. Er verweist auf eine Empfehlung des Europäischen Komitees für Normung, das bei einem Kriterium tatsächlich etwas grosszügiger ist als die Schweizer.
Die Taskforce widerspricht
Anders tönt es allerdings vonseiten der wissenschaftlichen Taskforce. Man sei mit der aktuellen Situation zufrieden, sagt Mitglied Damien de Courten. Es gebe inzwischen «viele verschiedene Masken auf dem Markt, die den Schutzkriterien entsprechen».
Auch die Empa bestreitet, dass die Empfehlungen der Taskforce für Maskenproduzenten unerreichbar seien. Es gebe diverse Masken, welche interne Tests zu Luftdurchlässigkeit, Filtrationseffizienz und Spritzwiderstand erfüllt hätten. Mehrere Hersteller geben auf ihrer Website denn auch an, dass ihre Stoffmasken von der Empa geprüft seien.
Wie es zu den widersprüchlichen Aussagen kommt, ist unklar. Ein Grund könnte sein, dass die Tests nicht ganz gleich durchgeführt worden sind. Oder aber, dass Testex berücksichtigt, ob die Masken auch nach dem Waschen noch sicher sind, die Empa dies bei ihren Messungen hingegen nicht getan hat.
Nun sinken die Anforderungen
Testex jedenfalls reagiert nun – und schraubt die Prüfkriterien, die eine Maske für das Label erfüllen muss, etwas herunter. Der Schritt ist nicht mit dem Bund abgesprochen. Offensichtlich konnte man sich mit der Taskforce (noch) nicht auf eine Anpassung einigen und prescht nun vor.
Gut daran ist: Mit der Änderung dürften nun schon bald erste Labelmasken zu kaufen sein. Das Label bietet den Kunden etwas Orientierung und ermöglicht, zwischen Qualitätsware und Masken zu unterscheiden, deren Schutz nicht nachgewiesen ist. Gleichzeitig existieren nun aber zwei abweichende Standards, was wiederum Verwirrung stiftet.
Es ist allerdings möglich, dass auch die wissenschaftliche Taskforce bald nachzieht und ihre Empfehlungen anpasst. De Courten sagt, dass man «fruchtbare interne Diskussionen» führe.
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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