Auf einen Blick
- Postauto-Chauffeure verkaufen im Bus nach und nach keine Tickets mehr
- Senioren kritisieren den Abbau des Service public
- Blick-Leserinnen und -Leser wollen weiterhin mit Bargeld zahlen
Die Zeiten, in denen man sein Billett beim Postauto-Chauffeur im Fahrzeug einfach mit einer Handvoll Münz kaufen konnte, sind vorbei. Seit Montag ist Schluss mit dem Ticketverkauf im Postauto – zunächst auf der Linie Winterthur-Elgg ZH.
In einer zweiten Etappe plant die Postauto AG, im Sommer 2025 auf weiteren 180 Postautolinien in der ganzen Schweiz den Billettverkauf im Fahrzeug aufzugeben. Bis 2035 will sie auf allen Linien kein Bargeld mehr akzeptieren. Als Rechtfertigung macht das Unternehmen betriebliche Gründe, veraltete Verkaufsgeräte und eine rückläufige Nachfrage geltend.
Dieser Entscheid macht Seniorinnen und Senioren hässig. «Rücksichtslos und unverfroren versucht die Post einmal mehr, ihre Dienstleistungen kurzfristig abzubauen. Dadurch werden erneut ganze Bevölkerungsgruppen schikaniert», kritisiert Rudolf Joder (74), Präsident des Schweizerischen Verbands für Seniorenfragen (SVS) und ehemaliger Berner SVP-Nationalrat.
Senioren wollen auf höchster Ebene intervenieren
Klar ist: Ein Abbau des Service public im Fahrdienst der Post wollen die Senioren nicht akzeptieren – und entschlossen dagegen vorgehen. Der SVS werde sich daher mit Entschiedenheit gegen das Vorhaben der Post wehren und dieses auch politisch bekämpfen. Denn: Das Verhalten der Post widerspreche verschiedenen Grundsätzen der Bundesverfassung und zeige die mangelhafte Aufsicht durch den Bundesrat, begründet Joder den Entscheid.
Mit einer Eingabe beim Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation von Bundesrat Albert Rösti (57) verlangt der Seniorenverband von der Landesregierung den Stopp des Projekts. Auch bei der Post selbst wird der SVS intervenieren. Zusätzlich will er auf parlamentarischem Weg Einfluss nehmen, um einen raschen Abbruch des Vorhabens der Post zu erwirken.
«Kernaufgabe der Postauto AG als 100-prozentiger Staatsbetrieb ist es, den Zugang zum öffentlichen Personentransport allen Bevölkerungsteilen zu ermöglichen und sicherzustellen. Dies gilt auch für ältere Menschen, Behinderte und Kinder, die über kein Smartphone verfügen, sich ein solches nicht leisten können oder Mühe mit der Bedienung haben», sagt Joder.
«Geht gar nicht»
Zudem müsse auch in Zukunft ein anonymes Reisen ohne elektronische Aufzeichnung und Überwachung möglich sein. In der Schweiz ist Bargeld ein gesetzliches Zahlungsmittel, das nicht ausgerechnet durch einen Bundesbetrieb ausgeschaltet werden dürfe.
Dass Joder und der SVS mit ihren Forderungen in ein Wespennest stechen, zeigt auch eine Umfrage bei Blick-Lesenden. Von über 12'000 Leserinnen und Lesern, die daran teilgenommen haben, finden knapp 80 Prozent: «Geht gar nicht, ich will mit Bargeld weiterhin im Bus zahlen können.» Lediglich 16 Prozent befürworten die digitale Vorwärtsstrategie der Postauto AG. Dem Rest ist es egal.
Das sei nicht kundenfreundlich, schreibt eine Leserin. Entweder man schaffe sich ein Handy an, oder man werde diskriminiert und von der Benützung eines subventionierten öffentlichen Verkehrsmittels ausgeschlossen. Das sei gesetzeswidrig. Eine andere Leserin fragt: «Und wenn ich mir kein Smartphone leisten kann? Muss ich dem Postauto hinterherrennen?»