Kantonen fehlt das Geld für Corona-Hilfen
Härtefallregelung wankt

Parlamentarier fühlen sich vom Bundesrat hinters Licht geführt. Dieser war stets gegen eine neue Härtefallregelung für von der Corona-Krise besonders betroffene Firmen. Nun könnte die vom Bund beworbene Lösung sogar gar nicht umsetzbar sein.
Publiziert: 03.11.2020 um 00:35 Uhr
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Aktualisiert: 03.11.2020 um 12:20 Uhr
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Mit der zweiten Corona-Welle wird es für die Event- und Unterhaltungsbranche wieder sehr schwierig.
Foto: Keystone

Grünen-Nationalrätin Regula Rytz (58) ist sauer. «Verwaltung und Bundesrat haben das Parlament auf den Holzweg geführt», kritisiert sie. Zwar hat Wirtschaftsminister Guy Parmelin (60) das seit langem geforderte Härtefallprogramm nun doch bereits auf Anfang Dezember angekündigt. Helfen soll es Unternehmen, die von der Corona-Krise besonders hart betroffen sind. Doch: Finanzminister Ueli Maurer (69) liess letzte Woche im Nationalrat Zweifel aufkommen, ob die Lösung des Parlaments überhaupt funktionieren kann.

Der Bund soll nämlich nur die Hälfte der Kosten übernehmen. Die andere Hälfte wäre von den Kantonen zu tragen. Der Bundesrat will die entsprechende Vorlage am Mittwoch abschliessend beraten und den Kantonen zwei Wochen zur Vernehmlassung schicken. Sollte das Programm nur für ein bis zwei Monate in Kraft sein, dann seien die Härtefälle noch überblickbar, meinte Maurer. Die Rede ist von mehreren Hundert Millionen Franken.

Kosten könnten in die Milliarden gehen

Sollte es aber den ganzen Winter andauern, stellt sich für SVP-Bundesrat Maurer die Frage, «ob die Kantone so viele Mittel haben». Denn dann dürften die Kosten in Milliardenhöhe steigen. Zumindest müssten die Kantonsregierungen dann die Mittel wohl von ihren Parlamenten bewilligen lassen, was die dringend benötigte Corona-Hilfe zumindest wieder verzögern würde.

Dass der Bundesrat davon ausgeht, dass die vorgeschlagene 50-50-Lösung in der zweiten Pandemiewelle gar nicht genügen könnte, ist für Rytz höchst brisant. «Dabei war es Bundeskanzler Walter Thurnherr, der im Namen des Bundesrats alles getan hat, um die Kantone mit in die Hauptverantwortung zu nehmen», betont sie.

Kantone sollen Verantwortung übernehmen

Tatsächlich hatte Bundeskanzler Thurnherr (57) in der Herbstsession vor dem Nationalrat argumentiert, dass die Kantone besser Bescheid wüssten, welches ihre Härtefälle seien – sich aber auch an den Kosten beteiligen sollen. Gleichzeitig hatte der Bundesrat nie einen Hehl daraus gemacht, dass die Härtefallregelung für ihn keine Priorität hat. Er reagierte lediglich auf den Druck aus dem Parlament.

Dass die verabschiedete Lösung nicht genügen könnte, sei ein «Debakel, das uns Bundesrat und Bundeskanzler eingebrockt haben», findet Rytz. Sie hätten die 50-50-Lösung unbedingt gewollt – «im Wissen darum, dass viele Kantone gar nicht willens oder in der Lage sind, die Härtefallregelung umzusetzen».

Hilfe könnte zu spät kommen

Sollte nun in verschiedenen Kantonen für die Härtefallregelung zuerst eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden müssen, werde die Hilfe für viele Firmen zu spät kommen, befürchtet Rytz. Eigentlich müssten Gesuche bei den Kantonen bereits im November eingereicht werden können, damit die Kantone rechtzeitig entscheiden könnten.

«Doch jetzt stecken wir mitten in der zweiten Welle ohne raschen und genügenden Schutz vor Konkursen und Arbeitslosigkeit», so Rytz. «Das ist eine unverantwortliche ‹Kopf-in-den-Sand-Politik›!» Für sie ist klar: Sollte die Lösung nicht genügen, muss der Bundesrat sofort eine neue vorlegen. «Jeder Tag zählt.» (dba)

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