Pfleger, Apotheker und Ärztinnen haben alle Hände voll zu tun – und das seit Monaten. Die Corona-Fallzahlen sind hoch, zahlreiche Menschen wollen sich auf das Virus testen lassen und die übrigen Patienten stehen ebenfalls Schlange.
Bereits während der ersten Corona-Welle im Frühling monierten deshalb Gesundheitsverbände, dass der Applaus, der dem Gesundheitspersonal von den Schweizer Balkonen gespendet wurde, nicht ausreiche. Es brauche bessere Arbeitsbedingungen für das Gesundheitspersonal – und höhere Löhne.
Pflegerinnen und Laboranten gesucht
Davon ist man im Kanton Luzern derzeit allerdings meilenweit entfernt. Der kantonale Führungsstab sucht seit Montag Freiwillige, die in den Drive-in-Testzentren sowie in Alters- und Pflegeheimen aushelfen. Voraussetzung ist eine abgeschlossene Ausbildung in einem medizinischen Beruf – also etwa Pflegerinnen, Laboranten, medizinische Praxisassistenten oder Apothekerinnen.
Willkommen sind auch Medizin-Studentinnen, sofern sie das dritte Ausbildungsjahr bereits hinter sich haben. Zudem verlangt der Krisenstab von den freiwilligen Helfern ein minimales Pensum von 50 Prozent und die Bereitschaft, gelegentlich auch am Abend oder am Wochenende einzuspringen.
«Eine Frechheit!»
Harte Arbeit. Doch für das Gesundheitspersonal, das in der Krise anpackt, sieht der Kanton nicht etwa einen marktüblichen Lohn vor. Stattdessen erhalten die Helfer bloss eine Freiwilligen-Entschädigung, deren Höhe sie direkt mit den Testzentren oder den Heimen aushandeln müssen.
«Das ist der Gipfel!», enerviert sich der Präsident der SP Luzern, David Roth (35). Nach unzähligen Sparprogrammen im Gesundheits- und Sozialbereich laufe der Kanton heute auf dem Zahnfleisch. «Und ausgerechnet jetzt hat man die Frechheit, das Gesundheitspersonal für Freiwilligenarbeit einzuspannen.»
In der Tat griff die Luzerner Regierung in den vergangenen Jahren wiederholt zum Sparhammer – und verschonte auch das Gesundheitswesen nicht. So strich der Kanton 2017 als erster schweizweit die Finanzierung von Spitalübernachtungen und auch bei den Heimen kürzte er Millionen.
Berechtigte Kritik
Andreas Schmid, der die Freiwilligenarbeit beim kantonalen Führungsstab koordiniert, kann die Aufregung um das bescheidene Entgelt nachvollziehen: «Ich verstehe, dass die finanzielle Entschädigung kritisiert wird», sagt er.
Allerdings gehe es dem Führungsstab in erster Linie darum, Freiwillige zu rekrutieren. «Wir wollen nicht in Konkurrenz stehen zu den Spitälern und Heimen und dort das Personal abziehen.»
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Harschere Worte findet CVP-Gesundheitsdirektor Guido Graf (62): «Die SP versucht, mit den Freiwilligen-Einsätzen in der Corona-Pandemie Gesundheits- und Sozialpolitik zu machen», sagt er. «Das darf sie natürlich. Aber das Eine hat mit dem Anderen nichts zu tun.»
Viele Luzernerinnen und Luzerner hätten sich von sich aus beim Kanton gemeldet und ihre kostenlose Hilfe angeboten. Der Aufruf des kantonalen Führungsstabes sei folglich nicht mehr als «eine Reaktion, um die Angebote aus der Zivilgesellschaft zu kanalisieren».
Die Frage der Entschädigung werde im kantonalen Führungsstab zwar noch thematisiert, räumt Graf ein. Grundsätzlich aber findet er: «Weshalb soll man diesen Personen nicht die Möglichkeit bieten, sich zu melden und im Sinne einer Eigeninitiative bei der Pandemie-Bekämpfung mitzuhelfen, wenn dies der breiten Öffentlichkeit zugute kommt?»