Kanton ignoriert Mindestregel
In Obwalden haben Putzkräfte nur drei Wochen Ferien!

In Obwalden haben Hausangestellte weniger Ferien als erlaubt. Der Kanton hat seit 1973 das Gesetz nicht verbessert.
Publiziert: 07.05.2024 um 15:52 Uhr
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Aktualisiert: 07.05.2024 um 16:12 Uhr
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Der Normalarbeitsvertrag für Hauswirtschaft im Kanton Obwalden sichert heute weniger Ferien zu, als eigentlich erlaubt sind.
Foto: Keystone
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Andri Gigerl
Beobachter

Stellen Sie sich vor: Seit vielen Jahren leisten Sie als Putzkraft harte Arbeit in privaten Häusern. Der Dank dafür: Sie bekommen so wenig Ferien wie niemand sonst in der Schweiz – drei Wochen im Jahr. Willkommen im Kanton Obwalden. 

Artikel aus dem «Beobachter»

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In der Schweiz können Kantone und Bund sogenannte Normalarbeitsverträge (NAV) erlassen, um die Arbeitnehmenden zu schützen. Im NAV werden sozusagen die Mindeststandards für die Arbeit festgelegt, die automatisch gelten, solange man nichts anderes abmacht. 

Seit 1984 gilt in der Schweiz: Vier Wochen Ferien

Recherchen des Beobachters zeigen jetzt: Der NAV für Hauswirtschaft im Kanton Obwalden sichert heute weniger Ferien zu, als eigentlich erlaubt sind. Lediglich drei Wochen – obwohl seit 1984 schweizweit ein gesetzlicher Mindestanspruch von vier Wochen Ferien besteht. Arbeitnehmerschutz sieht anders aus.

Der NAV des Kantons Obwalden stammt aus dem Jahr 1973 – und wurde seither nicht überarbeitet. Dadurch sind aus den einst fortschrittlichen Mindeststandards schweizweite Tiefstwerte geworden. Denn: Alle Kantone haben die vier Wochen Ferien Mindestanspruch in ihrem NAV – ausser Obwalden

Andere Prioritäten

«Ja, uns ist der Widerspruch zur bundesrechtlichen Regelung bekannt», sagt Jennifer Aregger vom Amt für Arbeit des Kantons Obwalden auf Nachfrage des Beobachters. Der NAV für Hauswirtschaft werde aktuell überarbeitet, alle Bestimmungen würden überprüft.

Dass der Kanton Obwalden damit 40 Jahre hinterherhinkt und so schweizweit als letzter Kanton die Mindeststandards einführt, erklärt Aregger mit «ungenügenden Personalressourcen» und der damit verbundenen «Prioritätensetzung in der Aufgabenerfüllung». 

Niemand weiss, wie viele betroffen sind

Wie viele Personen genau nach der veralteten NAV-Bestimmung angestellt sind und arbeiten, weiss das Amt für Arbeit nicht. Es hält lediglich fest, dass auch diese Personen vier Wochen Ferienanspruch nach dem nationalen Recht haben. 

«Die nationalen Bestimmungen sind sogenannt ‹relativ zwingend› und gehen deshalb kantonalem Recht vor», sagt Gitta Limacher, Juristin beim Beobachter-Beratungszentrum. «Es sei denn, das kantonale Recht ist vorteilhafter für die Arbeitnehmenden.» Auch das Staatssekretariat für Wirtschaft bestätigt auf Nachfrage des Beobachters: NAV-Bestimmungen, die von zwingendem Recht zuungunsten der Arbeitnehmer abweichen, sind nichtig. Betroffene, denen nur drei Wochen Ferien gewährt werden, können also vier Wochen einfordern – notfalls auch gerichtlich.

Ob das in Obwalden allen Arbeitgebern und vor allem Arbeitnehmerinnen bekannt ist?

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