Kampf gegen «Mogelpackung» bei Kinderabzügen
Liberale Unterstützung für linkes Referendum

Ein liberales Komitee setzt sich gegen die Erhöhung der Kinderabzüge ein. Die Gesetzesänderung schiesse klar am Ziel vorbei und sei kein Deut so familienfreundlich, wie sie vorgebe.
Publiziert: 04.08.2020 um 17:33 Uhr
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Aktualisiert: 17.09.2020 um 10:40 Uhr
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Tobias Vögeli wehrt sich gegen die «Mogelpackung».
Foto: Keystone
Noa Dibbasey

Dass die SP und die Grünen am selben Hebel ziehen, wenn es ums Geld geht, ist nicht verwunderlich. Seit Dienstag gesellen sich nun aber auch finanzpolitisch anders tickende Liberale zu ihnen. Seite an Seite kämpfen sie gegen die Erhöhung der Kinderabzüge, die am 27. September an die Urne kommt. Eine seltene Kombination.

Worum geht es? Ursprünglich wollte der Bundesrat, dass Familien mit hohen Kita-Kosten diese Ausgaben von den Steuern abziehen können. Der maximale Abzug für externe Kinderbetreuung sollte von 10'100 Franken auf 25'000 Franken erhöht werden.

Diese Idee hätten FDP sowie auch GLP gerne unterstützt. Denn sie führt zwar zu Einnahmeausfällen von zehn Millionen Franken in der Staatskasse, würde aber auch dazu führen, dass sich mehr Mütter wieder in den Arbeitsmarkt wagen – weil ihnen mehr vom Lohn bleibt.

Nicht alle sind gewillt, den hohen Preis des Vorstosses zu zahlen

Die anfängliche Idee der Gesetzesänderung versandete jedoch schnell, nachdem CVP-Nationalrat Philipp Kutter (44) einen weiteren Steuerboni-Vorschlag oben draufsetzte, um auch Familien zu entlasten, die ihre Kinder selber betreuen. So beschloss das Parlament kurzerhand, den allgemeinen Kinderabzug von 6500 Franken auf 10'000 Franken anzuheben. Das würde den Staat im Gegensatz zum Vorschlag des Bundesrates jährlich 370 Millionen Franken kosten.

Für die SP und die Grünen war sofort klar, dass diese Vorlage nicht tragbar sei. Erstens käme diese Steuererleichterung nämlich vor allem Besserverdienern zugute. Zweitens stelle sie progressiven Familienmodellen ein zünftiges Bein. Deswegen ergriff die SP das Referendum.

«Der CVP-Vorschlag kann aus liberaler Sicht nur abgelehnt werden»

Nun geniessen die Linken in ihrem Kampf offiziell die Gesellschaft des liberalen Komitees gegen die «Mogelpackung Kinderabzüge». Co-Präsident Tobias Vögeli (24, JGLP) stellte klar, dass die Gesetzesänderung aus liberaler Sicht absolut keinen Sinn ergebe. Er betrachtet die Vorlage als «sinnlose Klientelpolitik» des Parlaments. Unter dem Deckmäntelchen der Familienpolitik «haben konservative Kräfte aus der guten bundesrätlichen Vorlage ein Selbstbedienungspaket gemacht».

Liberale wollen Individualbesteuerung

Man sei nicht bereit, eine «Mogelpackung» zu unterstützen, die keine oder sogar negative Auswirkungen mit sich bringe und nur koste. In Zeiten von Corona sein das nicht sinnvoll. «Wir möchten keine Steuergeschenke mit der Giesskanne verteilen», so Co-Präsidentin des Komitees und GLP-Nationalrätin Kathrin Bertschy (41). Man erreiche mit so einer Vorlage ausschliesslich, dass weiterhin keine Anreize für arbeitstätige Elternteile geschaffen werden. Dabei sei es ja eigentlich wichtig, das Arbeitskräftepotenzial der Schweiz weiter auszuschöpfen.

Liberale Frauen probieren schon lange, Anreize für arbeitstätige Frauen zu schaffen. Das werde damit nicht erreicht, so FDP-Nationalrätin Christa Markwalder (45). «Die Erhöhung des allgemeinen Kinderabzugs auf 10'000 Franken ist eigentlich die Einführung der SVP-Familieninitiative durch die Hintertür.» Diese forderte ebenfalls eine steuerliche Entlastung für Eltern, die ihre Kinder selbst betreuen – und wurde Ende 2013 deutlich abgelehnt.

Der Kampf gegen die Mogelpackung hat aus liberaler Sicht noch einen anderen Grund: Denn liberale Kräfte wollen eigentlich die Einführung der Individualbesteuerung. Und dieser würde bei Annahme der höheren Kinderabzüge weitere Steine in den Weg gelegt. Die Annahme der Gesetzesänderung würde dem langersehnten Steuertraum der beiden Parteien Steine in den Weg legen.

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