Kahlschlag-Empfehlungen für den gelben Riesen sind Totgeburt
Politik zerzaust Post-Pläne der Experten

Die Vorschläge der Expertenkommission zur Post überleben nicht einmal den ersten Tag. Der gelbe Riese selbst, aber auch Parlamentarier, beerdigen die Empfehlungen umgehend.
Publiziert: 25.02.2022 um 00:42 Uhr
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Aktualisiert: 25.02.2022 um 08:49 Uhr
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Sie wollten den Kahlschlag: Esther Schlumpf (links) und Christine Egerszegi bei der Pressekonferenz vom Donnerstag.
Foto: Keystone
Pascal Tischhauser

Die Reaktionen sind so klar, dass der Bundesrat die Empfehlungen einer Expertengruppe zur Zukunft der Post sogleich kübeln muss. Niemand findet die Pläne nützlich. Sie sind chancenlos im Parlament.

Postministerin Simonetta Sommaruga (61) hatte eine Expertenkommission eingesetzt, die am Donnerstag ihre Vorstellungen zur Post enthüllte. Beispielsweise fänden es die Experten eine gute Idee, dass der Briefträger nur noch dreimal die Woche Briefe in den Briefkasten wirft. Und die Experten wollen die A-Post streichen.

Dabei wächst der Paketversand ständig. Nichts spricht dagegen, dass die Paketboten auch noch zwei, drei Briefe einwerfen. Die Synergien seien enorm. Ein Abbau bei der Briefverteilung sei überhaupt nicht notwendig, sagen Fachleute der Post.

Berggebiete hätten das Nachsehen

Zudem will die Kommission das Zeitungsvertragen aus dem Grundauftrag der Post streichen. Das benachteiligte die Berggebiete enorm. Denn natürlich fänden sich in urbanen Gebieten Lösungen, um den Abo-Kunden die Tageszeitung frühmorgens in den Briefkasten zu stecken. Im Münstertal dürfte dies aber niemand kostendeckend machen können.

Wegnehmen wollen die Experten der Post auch den Zahlungsverkehr. Dieser soll ausgeschrieben werden. Das Finanzinstitut, das neu den Zuschlag für den Zahlungsverkehr erhalten würde, soll dafür subventioniert werden.

Mit Subventionen Subventionen verhindern?

Die Kommission unter der Leitung der einstigen Aargauer Ständerätin Christine Egerszegi (73) versucht zu vermeiden, dass der Bund dereinst jährlich 300 Millionen Franken für den Grundauftrag der Post zahlen muss. Ob die Millionenzahlungen tatsächlich drohen, vermag heute niemand verlässlich zu sagen. Aber dass die Experten-Lösung neue Subventionsmillionen kostete, gehört zu deren Plan. Warum man diesen dann verfolgen sollte, versteht niemand.

Selbst die Post winkt ab – obwohl sie damit der eigenen Postministerin zu verstehen gibt, dass das, was ihre Experten vorgeschlagen haben, Unsinn sei. Selbstbewusst macht der gelbe Riese klar, dass er sowohl an der A-Post als auch am Zeitungsvertragen festhält. Zudem zeigt sich die Post zuversichtlich, selber genügend Gewinne erwirtschaften zu können, damit es auch künftig keine Subventionen braucht.

Landbevölkerung als «Hinterwäldler» stigmatisiert

Kein Wunder, sind die Expertenpläne auch bei den Politikern unten durch. Noch am gnädigsten ist FDP-Nationalrat Kurt Fluri (66). Er begrüsst den Bericht, der unter der Leitung seiner Parteifreundin Egerszegi entstand. Dieser ermögliche eine Diskussion zur Zukunft der Post. Aber er sagt dennoch: «Die konkreten Massnahmen halte ich jedoch nicht für mehrheitsfähig. So ist beispielsweise der Abbau in den Berggebieten chancenlos.»

«Ich bin enttäuscht», betont Mitte-Politiker Martin Candinas (41). Und er ist gekränkt: Das Berggebiet hat immer wieder Hand geboten für Anpassungen bei der Grundversorgung. Wir sind keine Hinterwäldler. Hier aber geht es ums Eingemachte.» In der Stadt werde es weiterhin eine Frühzustellung der Zeitung geben. «Und irgendjemand wird auch die Briefe am nächsten Tag zustellen. Da spielt der Markt.» Auf dem Land rechne sich das aber nicht. «Darum braucht es eine Post, die Briefe und Zeitungen schweizweit täglich verteilt.» Das sei Service public.

Auf Bundesdividende verzichten

Candinas sieht eine andere Lösung: Statt der Post den Zahlungsverkehr wegzunehmen und diesen einem anderen Finanzinstitut zu geben – und dem Institut dafür noch Subventionen zu zahlen –, soll der Bund auf die jährliche Dividende von 50 Millionen Franken verzichten. «Eine schwarze Null reicht», so Candinas.

Thomas Egger (54), Direktor der Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete, pflichtet ihm bei. Auch für ihn braucht es keine Dividende – und schon gar keinen Kahlschlag bei der Post.

Ebenfalls «inakzeptabel» findet Nationalrat Jon Pult (37) die Pläne. Für den Präsidenten der Fernmeldekommission und Bündner SPler braucht die Schweiz «mehr und nicht weniger Service public im Post-Bereich».

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