Wo andere Ferien machen, verstecken sie sich vor ihren Ehemännern: Weil es in der Schweiz zu wenig Plätze in Frauenhäuser gibt, müssen gewaltbetroffene Frauen und ihre Kinder in Hotels, Pensionen, Bed-and-Breakfasts und Ferienwohnungen untergebracht werden.
So zum Beispiel in einer Pension in der Nordwestschweiz. Regelmässig rufe das Sozialamt an, um nach einem freien Zimmer zu fragen, erzählt eine Mitarbeiterin. Zweimal konnte man schon weiterhelfen und eine Frau vorübergehend aufnehmen.
2020 war «Rekordjahr»
Der Platzmangel in Frauenhäusern war schon vor Corona in mehreren Regionen ein Problem. Doch mit der Krise hat sich die Situation noch einmal verschärft. Silvia Vetsch (60) vom Frauenhaus St. Gallen sagt: «Wir haben ein Rekordjahr hinter uns.» Das Frauenhaus sei die ganze Zeit voll, teilweise auch überbelegt gewesen. Zudem habe man ein Drittel mehr Beratungstelefone durchgeführt.
Der Grund: Für manch eine Betroffene häuslicher Gewalt wurde es im Lockdown unerträglich. Zwar verzeichneten die meisten Kantone keine Zunahme der gemeldeten Fälle häuslicher Gewalt. Doch das dürfte auch daran liegen, dass durch die reduzierten sozialen Kontakte weniger Fälle ans Tageslicht kommen.
Juso fordert mehr Frauenhäuser
«Das Zuhause ist für viele Frauen der gefährlichste Ort», sagt Juso-Präsidentin Ronja Jansen (26). Die Jungpartei machte am heutigen Weltfrauentag mit einer Aktion auf dem Berner Bundesplatz auf das Thema häusliche Gewalt aufmerksam. Sie stellten ein Bett vors Bundeshaus, in dem eine blutüberströmte Frau lag.
«Durchschnittlich stirbt in der Schweiz alle vier Wochen eine Frau durch ihren Partner», so Jansen. «Trotzdem ist der Schutz für gefährdete Frauen absolut unzureichend.» Die Juso fordert konkret eine Verdopplung der Plätze in Schutzunterkünften. Derzeit gibt es schweizweit 18 Frauenhäuser.
Neues Gesetz zum Schutz von Gewaltopfern
Zudem braucht es aus Sicht der Juso auch mehr Kapazitäten für Beratungsdienste und spezielle Hilfsangebote für Mädchen. Die Mutterpartei SP hat die Forderungen bereits ins Parlament getragen. Ein Vorstoss, mehr Schutzunterkünfte speziell für Mädchen zu prüfen, hat das Parlament bereits angenommen. Dort steht nun der Bundesrat in der Pflicht.
Zudem hat das Parlament ein Gesetz zum besseren Schutz gewaltbetroffener Personen beschlossen. Ein erster Teil trat im Sommer vergangenen Jahres in Kraft. Ab 1. Januar 2022 können Täter dann auch mit elektronischen Armbändern oder Fussfesseln überwacht werden.
Aus Sicht der Juso reicht das zum Schutz gewaltbetroffener Frauen aber noch nicht aus.