Jetzt wird wegen Verdachts auf ungetreue Amtsführung ermittelt
Neue Untersuchung im Zürcher Justiz-Skandal eröffnet

Dass über Jahre Festplatten mit höchst sensiblen Daten aus der Zürcher Justiz ins Zürcher Milieu gelangten, könnte nun auch intern Konsequenzen haben.
Publiziert: 09.03.2023 um 10:40 Uhr
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Die Strafverfolgungsbehörden stellten zig Festplatten der Zürcher Justizdirektion beim vorbestraften Roland Gisler sicher.
Foto: ZVG

Im vergangenen Dezember hatte Blick aufgedeckt, wie die Zürcher Justizdirektion über Jahre bei der Entsorgung von Computern geschlampt hatte. Festplatten mit unverschlüsselten, höchst sensiblen Daten gelangten ins Zürcher Milieu. Wäre es nach den Behörden gegangen, hätte die Öffentlichkeit davon nie etwas erfahren.

Wie nun bekannt wird, ist Bewegung in die bereits seit November 2020 laufenden Ermittlungen gekommen. Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat eine weitere Strafuntersuchung zum Justiz-Skandal eröffnet – und zwar wegen des Verdachts auf ungetreue Amtsführung. Das berichtet der «Tages-Anzeiger». Die Ermittlungen sollen seit Ende 2022 gegen Unbekannt laufen.

Ermittlungen nun auch gegen Beamte

Bisher ermittelte die Staatsanwaltschaft einzig gegen die stadtbekannte Zürcher Milieufigur Roland Gisler (58). Der verurteilte Drogenhändler – so der Vorwurf – soll über seinen Bruder an Festplatten der Justizdirektion gelangt sein und damit Druck auf Richter und Staatsanwälte ausgeübt haben. Er sass deswegen mehrere Monate in Untersuchungshaft.

Die neuen Ermittlungen soll jetzt die Staatsanwaltschaft III führen, diese ist auf Wirtschaftskriminalität und internationale Rechtshilfe spezialisiert. Wegen ungetreuer Amtsführung bestraft werden könnten laut Gesetz «Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die bei einem Rechtsgeschäft die von ihnen zu wahrenden öffentlichen Interessen schädigen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen».

Externe Ermittlungen gefordert

Das Verfahren richte sich gegen Unbekannt – obwohl den Strafverfolgungsbehörden gemäss Einvernahmeprotokollen die Namen und Rollen der damals handelnden Verantwortlichen in der Justizdirektion und ihres externen Dienstleisters seit rund zwei Jahren vorliegen, schreibt der «Tages-Anzeiger».

Das könne ermittlungstaktische Gründe haben. Denn «für ein Strafverfahren gegen einen Beamten benötigt es eine Ermächtigung durch das Zürcher Obergericht», wird Markus Oertle zitiert. Oertle war bis zu seiner Pensionierung im Vorjahr leitender Staatsanwalt in Zürich.

Oertle sei überrascht, dass die vom Datenleck betroffene Staatsanwaltschaft Zürich die Untersuchungen selbst führt: «Für mich ist klar: Wenn man wirklich Licht in die Sache bringen will, muss eine ausserkantonale Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchungen führen.»

Auch Kantonsrat untersucht

Anfangs Jahr musste sich die heutige Zürcher Justizdirektorin Jacqueline Fehr (59, SP) Fragen aus dem Kantonsrat stellen. Dort zeigte sich die SP-Regierungsrätin gelassen: «Ich bin an einer politischen Aufarbeitung interessiert. Weil ich seit 2015 die Verantwortung trage. Ich stelle mich jeder politischen Untersuchung.»

Ende Januar hatte dann die Geschäftsprüfungskommission des Kantonsrats entschieden, eine parlamentarische Untersuchungskommission zum Justiz-Datenleck zu beantragen. Es ist das schärfste Mittel parlamentarischer Kontrolle, das im Kanton Zürich zuletzt vor zehn Jahren angewandt worden ist. (dba)

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