Israels Premier Benjamin Netanyahu und Herausforderer Benny Gantz liefern sich Kopf-an-Kopf-Rennen
Bibi muss bibbern

Kein israelischer Ministerpräsident hat sich länger im Amt gehalten als Benjamin Netanyahu. Doch Herausforderer Benny Gantz ist dem Regierungschef dicht auf den Fersen.
Publiziert: 17.09.2019 um 07:27 Uhr
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Aktualisiert: 18.09.2019 um 10:23 Uhr
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Als er 1996 zum ersten Mal ins Amt gewählt wurde, war Benjamin Netanyahu Israels jüngster Ministerpräsident aller Zeiten.
Foto: DUKAS
Fabienne Kinzelmann

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu (69) kämpft um seine fünfte Amtszeit. Heute gehen die Israelis an die Urne. Und «Bibi» muss bibbern wie noch nie. 

Die vorgezogene Parlamentswahl könnte Netanyahus Regierungspartei Likud nämlich ordentlich Stimmverluste einbringen – noch mehr als bei der Parlamentswahl im Frühjahr. Darauf deuten die aktuellen Prognosen hin.

Knappes Rennen mit Gantz' Bündnis

Seit 13 Jahren ist Netanyahu Ministerpräsident. Niemand hielt sich bisher länger im Amt. Doch jetzt ist dem streitlustigen Regierungschef ein Herausforderer auf den Fersen: Ex-Armeechef Benny Gantz (60).

Sein Mitte-Bündnis Blau-Weiss liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Netanyahus rechtsorientierter Likud-Partei. Doch Gantz' politische Linie bleibt bislang schwammig. Mehrfach blamierte sich der Politiker bereits. Unter anderem vergass er vor laufender Kamera den Namen eines gerade im Westjordanland getöteten Teenagers.

Trotzdem gilt Gantz als «Anti-Netanyahu», setzt auf ein liberales, säkulares Israel und auf Respekt gegenüber den arabischen Israelis. In anderer Hinsicht gibt er den harten Hund. Er will schärfer gegen die Hamas im Gazastreifen vorgehen und behauptete, Netanyahu habe ausgerechnet ein umstrittenes zentrales Wahlkampfversprechen von ihm geklaut: das Jordantal zu annektieren.

Dabei hat Netanyahus Ankündigung international Entsetzen ausgelöst. Die Pläne gefährden den Friedensprozess im Nahen Osten. Die Zwei-Staaten-Lösung wäre praktisch vom Tisch, ein palästinensischer Staat würde in unerreichbare Ferne rücken.

Dieses Gebiet will Netanjahu in seinen Besitz bringen

Das Jordantal macht rund einen Drittel des seit 1967 von Israel besetzten Palästinensergebiets aus. In den Siedlungen im besetzten Westjordanland und in dem von Israel annektierten Ost-Jerusalem leben mehr als 600.000 Israelis – neben drei Millionen Palästinensern. Die Uno betrachtet die Siedlungen als illegal.

Das Jordantal macht rund einen Drittel des seit 1967 von Israel besetzten Palästinensergebiets aus. In den Siedlungen im besetzten Westjordanland und in dem von Israel annektierten Ost-Jerusalem leben mehr als 600.000 Israelis – neben drei Millionen Palästinensern. Die Uno betrachtet die Siedlungen als illegal.

Dem Ministerpräsidenten sitzt die Justiz im Nacken

Netanyahu ist das egal. Er hofft, in letzter Minute mit einer Mischung aus Populismus und staatsmännischem Auftreten zu punkten. Denn während er im Vergleich zur Wahl im Frühjahr vermutlich Sitze in der Knesset verliert, erstarkt der ultrarechte Ex-Verteidigungsminister Avigdor Lieberman (61) mit seiner Partei Israel Beitenu. 

Ohne Lieberman gibt es keine Mehrheit für den rechten religiösen Block. Doch Lieberman verweigerte Netanyahu schon im Frühjahr die Unterstützung. Der Hauptstreitpunkt: die Wehrpflicht streng religiöser Juden. Lieberman will sie, die anderen ultraorthodoxen Koalitionspartner jedoch nicht.

Für Netanyahu wird es also eng. Und: Sein Kampf endet nicht mit der Wahl. Schafft er eine fünfte Amtszeit, könnte er der erste amtierende Ministerpräsident werden, der angeklagt wird. Generalstaatsanwalt Avischai Mandelblit strebt ein Verfahren wegen Bestechlichkeit, Betrug und Vertrauensmissbrauch gegen Netanyahu an.

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