«Irreführend und populistisch»
Freisinnige kritisieren eigene KI-Plakate

Die FDP nutzt künstliche Intelligenz für ihre Wahlplakate. Die Ergebnisse sorgen für rote Köpfe bei den politischen Gegnern. Doch auch aus der eigenen Partei kommt Kritik.
Publiziert: 05.07.2023 um 15:44 Uhr
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Das durch künstliche Intelligenz generierte Wahlplakat der FDP sorgt nicht nur im linken politischen Lager für Unverständnis.
Foto: FDP
Dominique Schlund

Ein durch künstliche Intelligenz (KI) generiertes Wahlplakat der FDP macht derzeit mächtig Wirbel. Das Plakat zeigt Klimaaktivisten, die eine Strasse sperren – direkt vor einer Ambulanz mit Blaulicht. Eine Situation, die es so bei uns noch nie gegeben hat. Doch nicht nur der irreführende Inhalt sorgt für Unmut, auch der viel zu kleine Hinweis, dass KI eingesetzt wurde, ist fragwürdig.

«Anpacken statt ankleben», so der provokante Slogan auf dem Plakat. Doch nicht nur von links hagelt es Kritik für die Kampagne. Auch innerhalb der Freisinnigen gibt es durchaus kritische Stimmen, wie der «Tages-Anzeiger» schreibt. Das zeigen auch Blick-Recherchen.

Plakat zeigt erfundene Situation

Zu reden gibt vor allem das Sujet. Es geht den Kritikern primär um die Position des Krankenwagens. Dass eine Ambulanz mit Blaulicht in der ersten Reihe von Klimaklebern blockiert wird, hat es noch nie gegeben. Das sagen auch Stimmen in der eigenen Partei. FDP-Nationalratskandidatin Esther-Mirjam de Boer (54) meint gegenüber dem «Tages-Anzeiger»: «Es suggeriert eine Situation, die es so nie geben würde. Ich halte das für irreführend und populistisch.»

FDP-Wahlkampfleiter Adrian Michel winkt ab. «Das Klimakleber-Sujet adressiert real stattfindende Blockaden einer extremen Gruppierung.» Angesprochen auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz und die fast unsichtbare Deklaration versichert Michel: «Deepfakes, deren Absicht es ist, die Stimmberechtigten über Urheberschaft oder Botschaften zu täuschen, wird es nie geben.»

Auch Parteipräsident Thierry Burkart (47) sieht kein Problem in den von KI generierten Wahlplakaten. «Wenn sich auf Social Media ein paar aktivistische Linke über unser Plakat aufregen, machen wir sicher nichts falsch. Aus unserer Basis haben wir viele sehr positive Rückmeldungen», sagt Burkart gegenüber Blick.

Andere Mitglieder der FDP-Bundeshausfraktion wollten sich im Wahljahr nicht öffentlich zu den Plakaten äussern. Recherchen zeigen aber, dass Frau de Boer mit ihrer Haltung zu den KI-Plakaten nicht ganz alleine da steht.

Experte: «Gezielt dämonisiert»

Ethik-Professor Peter G. Kirchschläger, der sich auf künstliche Intelligenz spezialisiert hat, sieht das anders. Er findet das Vorgehen der FDP höchst fragwürdig. «Die auf dem FDP-Wahlplakat prominent dargestellte und inhaltlich höchst relevante Blockade einer Ambulanz ist frei erfunden», so Kirchschläger. «Dadurch wird die Bewegung der Klimaaktivisten gezielt dämonisiert».

Kirchschläger mahnt allgemein zu Vorsicht im Umgang mit KI. Diese lerne unglaublich schnell und wisse genau, welche Knöpfe sie drücken muss, um Menschen zu manipulieren. Das Menschenrecht auf freie politische Mitbestimmung sei dadurch in Gefahr. (shq)

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