Erste Spitäler schieben wegen Corona Operationen auf
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Immer mehr Hospitalisierungen:Erste Spitäler schieben wegen Corona Operationen auf

Hospitalisierungen nehmen laufend zu
Erste Spitäler schieben wegen Corona Operationen auf

Rund 600 Corona-Patienten werden derzeit schweizweit in Spitälern gepflegt – über 100 davon auf der Intensivstation. Obwohl die Zahl der Hospitalisierungen steigt, reichen die Bettenkapazitäten noch aus. Und die Spitäler sind für einen weiteren Anstieg gewappnet.
Publiziert: 19.10.2020 um 23:33 Uhr
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Aktualisiert: 26.10.2020 um 08:22 Uhr
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Mit einem emotionalen Video rief das Spital Schwyz (hier Direktorin Franziska Föllmi) um Hilfe. Würden die Corona-Zahlen nicht eingedämmt, sei das Spital bald überlastet.
Foto: Screenshot
Ruedi Studer und Daniel Ballmer

Der Hilferuf aus dem Spital Schwyz war emotional: «Unsere Isolationsstation für Covid-Patienten füllt sich täglich mehr und der Anteil Patienten mit Beatmungsbedarf nimmt zu.» So appellierten die Spitalverantwortlichen an die Bevölkerung, sich besser an die Corona-Schutzmassnahmen zu halten. Am Sonntag warnte auch das Spital Wallis vor einer «dramatischen Überbelastung» durch Covid-19-Patienten im Unterwallis.

Die Fallzahlen in der Schweiz sind auch übers Wochenende deutlich gestiegen: Für Freitag bis Sonntag vermeldet das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 8737 Coronavirus-Ansteckungen in der Schweiz und Liechtenstein sowie 171 Spitaleinweisungen und 14 Todesfälle. Auch im europäischen Vergleich steht die Schweiz schlecht da.

Droht den Spitälern nun erneut eine Überbelastung? Kommt ein Notfallszenario zum Zug?

Derzeit genügend Intensivbetten

Michael Jordi, Generalsekretär der Gesundheitsdirektoren-Konferenz (GDK), gibt vorerst Entwarnung. «Trotz steigender Fallzahlen und auch Hospitalisationen ist die Situation auf den Intensivstationen noch nicht besorgniserregend», sagt er zu BLICK.

Die neusten Zahlen des Koordinierten Sanitätsdienstes der Armee geben ihm recht: Schweizweit werden derzeit gegen 600 Covid-19-Patienten in Spitälern gepflegt. Über 100 liegen auf der Intensivstation – am meisten davon in den Kantonen Waadt und Genf.

Ein nationaler Engpass zeichnet sich derzeit noch nicht ab. Kantone und Spitäler hätten aus den Erfahrungen der ersten Welle gelernt und seien für einen weiteren Anstieg vorbereitet, ist Jordi überzeugt: «So gibt es beispielsweise in den Kantonen Bern und Zürich eine Priorisierung, in welchen Spitälern Covid-Patienten behandelt werden.» Auch zwischen kleineren und grösseren Kantonen gebe es Leistungsaufträge für die Intensivpflege, damit in Krisenlagen Patienten übernommen werden könnten.

«Die Entwicklung ist dramatisch»
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Spital Schwyz schlägt Alarm:«Die Entwicklung ist dramatisch»

Selbst in Bern noch «nicht kritisch»

Die Spitäler sind also gewappnet. Am Universitätsspital Zürich beispielsweise werden derzeit drei Corona-Patienten auf der Intensivstation und 17 auf normalen Stationen versorgt. Die Kapazitäten für Covid-19-Patienten könnten «innerhalb kurzer Zeit wieder erhöht werden», sagt Unispital-Sprecherin Barbara Beccaro. Und: «Für die relevanten Bereiche und Prozesse, einschliesslich der Intensivstation, bestehen Pläne für die stufenweise Erweiterung der Kapazitäten bei Bedarf.»

Auch im Aargau ist eine Spitalüberlastung vorerst nicht in Sicht. «Es gibt noch viele Kapazitäten an Intensivbetten», versichert Kantonsärztin Yvonne Hummel.

Der Kanton Bern wiederum verzeichnet derzeit ein starkes Wachstum an Hospitalisationen – innert einer Woche hat sich die Zahl auf 82 verdoppelt. 12 Covid-Patienten liegen derzeit auf der Intensivstation. Trotzdem seien die aktuellen Zahlen für das bernische Gesundheitswesen «nicht kritisch», sagt Gesundheitsdirektions-Generalsekretär Yves Bichsel. Aber: «Ein weiteres solches Wachstum über mehrere Wochen wäre allerdings sehr problematisch.»

Die Genfer Universitätsspitäler haben bereits die erste Stufe ihres vierstufigen Covid-Aktionsplans gezündet. Derzeit stehen 117 Betten für Covid-Patienten bereit, ein Ausbau auf 367 Betten ist möglich – mit bis zu 56 Intensivbetten. Zudem sollen Covid-19-Patienten in der Romandie besser verteilt werden können. Die Westschweizer Kantone schaffen eine vom Universitätsspital Chuv in Lausanne verwaltete Einheit, welche Patientenverlegungen koordiniert, falls in einem Spital die Intensivstation ausgelastet ist.

Operationen verschieben

Entscheidend ist also, wie sich die Lage in den nächsten Wochen entwickelt. GDK-Sekretär Jordi sieht die Problematik nämlich nicht nur bei den Covid-Patienten. «Der heikelste Punkt ist, ab wann man nicht dringliche Operationen bei Nicht-Covid-Patienten zurückfahren muss», sagt er. «Steigen die Covid-Hospitalisationen, müssen die Spitäler mit einer Vorlaufzeit von zwei bis drei Wochen Kapazitäten freischaufeln. Das ist eine grosse Herausforderung.»

Gerade auch deshalb, weil zunehmend ältere Covid-Betroffene in den Spitälern betreut werden müssten. Für ihn ist daher klar: «In den kommenden Wochen dürfte die Priorisierung und Verschiebung von weniger dringenden Operationen wieder stärker in den Fokus rücken.»

Bereits reagiert haben die Unterwalliser Spitäler: Um die Bettenkapazitäten für Covid-19-Fälle zu erhöhen, müssen die Ressourcen für geplante Eingriffe reduziert und 4 von 13 Operationssälen geschlossen werden.

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