Hoffnung auf göttlichen Beistand
Vollgeld-Initianten missbrauchen den Papst

Die Vollgeld-Initiative dürfte scheitern. Nun ziehen die Initianten einen letzten, fiesen Trumpf aus dem Ärmel – und behaupten: Der Papst würde Ja stimmen.
Publiziert: 10.05.2018 um 23:40 Uhr
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Aktualisiert: 02.07.2020 um 15:42 Uhr
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Darum geht es bei der Vollgeld-Initiative
4:07
Abstimmungsvorlagen kurz erklärt:Darum geht es bei der Vollgeld-Initiative
Nico Menzato

Die Vollgeld-Initiative ist fast chancenlos: Gemäss der ersten GFS-Umfrage wollen nur 35 Prozent der Befragten sicher oder eher ein Ja in die Urne legen. Das Nein-Lager ist mit 49 Prozent bereits jetzt deutlich grösser. Und die Zustimmung zu Initiativen nimmt in der Regel bis zum Abstimmungstag konstant ab.

Es droht gar der regelrechte Absturz. Um das zu verhindern, hoffen die Initianten nun auf göttlichen Beistand. In der Abstimmungszeitung, die in diesen Tagen in die Haushalte flattert, wirbt das Konterfei von niemand Geringerem als Papst Franziskus (81) für die Initiative. «Nein zu einem Geld, das regiert, statt zu dienen», wird eine Aussage des Pontifex aus einem anderen Zusammenhang zitiert.

«Papst würde wohl die Vollgeld-Initiative annehmen»

Und in einem Video, das auf Youtube kursiert, behaupten die Initianten gar: «Der Papst würde wohl die Vollgeld-Initiative annehmen.» Was bezwecken sie mit dieser Irreführung der Stimmbürger? Versuchen sie damit die Katholiken mit einem billigen Trick für ihre Sache zu gewinnen?

«Der Papst hat sich deutlich gegen die Herrschaft das Geldes, gegen die Vergrösserung der Kluft zwischen Arm und Reich und für ein Finanzsystem im Dienste des Gemeinwohls ausgesprochen. Genau das erreicht die Vollgeld-Initiative», rechtfertigt sich Raffael Wüthrich (32) vom Pro-Komitee.

Ihr wahres Problem ist ein anderes: Sie haben kaum Unterstützer für die waghalsige Idee, die Geldpolitik umzukrempeln. Kein Ständerat und nur eine Handvoll Nationalräte stimmten dem Begehren zu, den Geschäftsbanken die Geldschöpfung zu verbieten.

Verschwörungstheoretiker und Komiker

Stattdessen wird das Pro-Lager je länger, je mehr zum Tummelfeld für alle möglichen Gruppierungen. So outete sich der bekannte Historiker und Verschwörungstheoretiker Daniele Ganser (45), der sämtliche Lehraufträge an hiesigen Universitäten verloren hat, auf Facebook als Vollgeld-Unterstützer. Er soll im Hintergrund für das Anliegen weibeln.

Neben dem offiziellen Ja-Komitee wurde im Februar zudem die «Allianz für Vollgeld und Gerechtigkeit» gegründet. Ihr Ziel: die grossen Gerechtigkeitsfragen der Vollgeld-Initiative zu thematisieren. Kassier ist Alec Gagneux, ein Kämpfer der 2014 abgelehnten Ecopop-Initiative. Gagneux setzte sich als umstrittener Entwicklungshelfer dafür ein, dass in der Dritten Welt Kondome verteilt werden.

Für ein Ja kämpft zudem das Komitee «Geld und Weiblichkeit». Geld könne dem Leben dienen. «Dafür braucht es eine Rückkehr des Weiblichen ins Thema Geld», hiess es etwa an einer Veranstaltung. Und als ob die Initiative ein schlechter Witz wäre, gehört der Aargauer Komiker Peach Weber (65) zu den wenigen Supportern.

Alle Abstimmungen auf einen Blick

Die Schweiz stimmt wieder ab: Erklärungen zu allen Initiativen, aktuelle News und prominente Stimmen zum Thema finden Sie hier.

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