Hilfsorganisations-Mitarbeiter feierten auf Haiti Orgien mit Prostituierten
Schweiz zahlt 20 Millionen an Oxfam

Der Missbrauchsskandal bei Oxfam erreicht Bern. Aus der Schweiz flossen in den letzten Jahren grosse Summen an die Londoner Hilfsorganisation.
Publiziert: 18.02.2018 um 09:12 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 19:50 Uhr
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Leben in den Ruinen: Ein Schlachthaus in Port-au-Prince. Oxfam ist auch hier im Einsatz. Die Organisation soll die Not von Frauen ausgenützt haben.
Foto: Dieu Nalio Chery
Aline Wüst

Die Mitarbeiter der britischen Organisation Oxfam sollten Hilfe bringen. Nach Haiti, in den Tschad, in den Südsudan. Dorthin, wo Menschen alles verloren haben. Das taten sie. In den vergangenen Tagen wurde bekannt, was sie sonst noch taten: In Haiti und im Tschad sollen Oxfam-Leute Partys und Orgien mit Prostituierten gefeiert haben. Die Helfer, so heisst es, hätten die Not der Frauen ausgenutzt, indem sie als Gegenleistung für Hilfsgüter Sex verlangten.

Der Skandal weitet sich immer weiter aus. Mehrere hochrangige Mitarbeiter sind zurückgetreten. Denn Oxfam wird auch vorgeworfen, Hinweisen auf fehlbares Verhalten zu wenig entschlossen nachgegangen zu sein, einige Fälle sogar vertuscht zu haben.

Die Nichtregierungsorganisation (NGO) hat weltweit rund 10'000 Mitarbeiter; sie finanziert sich aus Spenden und Steuergeldern. Geld kommt auch aus der Schweiz. Ein Sprecher des Aussendepartements EDA sagt auf Anfrage, dass in den vergangenen fünf Jahren rund 20,4 Millionen Franken an Oxfam geflossen seien: «Das EDA verbindet mit Oxfam eine langjährige, erfolgreiche Zusammenarbeit.»

London setzte gestern die Zusammenarbeit für das laufende Jahr aus. Finanzielle Leistungen werde es erst wieder geben, wenn die Organisation die erforderlichen hohen ethischen Standards einhalte, so die britische Entwicklungsministerin.

Aus der Schweiz gibt es für Oxfam auch künftig Geld.

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Auf Nachfrage von SonntagsBlick hält das EDA fest, es sei «abscheulich», die Not hilfsbedürftiger Menschen für sexuellen oder anderweitigen Missbrauch auszunutzen. Man verurteile diese Fälle. Das von FDP-Bundesrat ­Ignazio Cassis (56) geführte Departement fordert eine «lückenlose Aufklärung» der Vorfälle: «Ohne diesbezügliche Klarheit, wäre es aber zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht, die Zusammenarbeit zu beenden.»

Um diese lückenlose Aufklärung zu fördern, wird die Entwicklungshilfedirektion des Bundes Deza «demnächst Kontakt mit Oxfam aufnehmen und das weitere Vorgehen besprechen», heisst es weiter. Damit sich solche Taten nicht wiederholen, seien Massnahmen zu prüfen und umzusetzen.

Aktuell stützt sich das EDA bei der Kontrolle seiner Mitarbeiter und Akteure auf den Verhaltenskodex der Bundesverwaltung.

Schweizer werden sensibilisiert

Deza-Mitarbeiter müssen vor Auslandseinsätzen eine Ausbildung besuchen, die sie auf den Einsatz vorbereitet. Die Schulung umfasst laut EDA auch Sensibilisierungsmassnahmen und zeige, welche Verhaltensweisen erlaubt seien und welche nicht.

«Die Missachtung dieses Verhaltenskodex führt zur Prüfung der Vorkommnisse und kann Massnahmen nach sich ziehen – wegen Nichteinhalten des Vertrags.» Kommt es zu begründeten Vorwürfen, theoretisch etwa einem Fall von sexuellem Missbrauch von Hilfsbedürftigen durch Deza-Mitarbeiter, löse dies eine sogenannte «Fact Finding Mission» aus. In der Praxis heisst das: Ein Team geht den Vorwürfen vor Ort nach.

Dass es sich bei den Missbrauchsdelikten durch Oxfam-Mitarbeiter nicht um Einzelfälle handelt, zeigen Auskünfte anderer Hilfsorganisationen.

Proaktiv teilte «Ärzte ohne Grenzen» in der vergangenen Woche mit, dass 2017 insgesamt 146 Beschwerden gegen Mitarbeiter eingegangen seien, darunter 24 bestätigte Fälle von sexuellem Missbrauch.

19 Mitarbeiter wurden da­raufhin entlassen.

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