Schulen, Unternehmen und Behörden in der Deutschschweiz haben von Heinz Raschein (64) aus dem Bündner Dörfchen Scharans in den vergangenen Monaten Post bekommen. Der ehemalige Rechtsanwalt ist die juristische Speerspitze der Corona-Skeptikerinnen und -Skeptiker im Land. Über 10'000 Personen folgen ihm auf seinem Telegram-Kanal.
In der Szene berühmt und bei Behörden berüchtigt wurde der Bündner mit einem «Sach- und Rechtsattest», das angeblich von der Maskenpflicht befreien soll. Es kursierte insbesondere unter Eltern, die sich weigern, ihre Kinder mit Maske in die Schule zu schicken. Aber auch Angestellte versuchten mit von «Dr. iur. Heinz Raschein» unterzeichneten Schreiben die Maskenpflicht zu umgehen. Vergebens. Das Attest ist rechtlich nicht gültig.
Kita-Betreiberin reichte Anzeige ein
Raschein lässt sich davon nicht beirren. Im Namen seiner Klienten hat er schon unzählige Beschwerden, Rekurse und Anzeigen eingereicht. Schulleitern droht er mit Anzeigen wegen Nötigung, wenn sie an der Maskenpflicht für Schüler festhalten. Mit einer Sammelklage von Eltern, für die er bereits Geld gesammelt hat, will er zudem vor Bundesgericht ziehen.
Nun drohen ihm selbst juristische Konsequenzen. Eine Kita-Betreiberin aus dem Kanton Freiburg hat bei der Bündner Aufsichtskommission über die Rechtsanwälte eine Anzeige gegen Raschein eingereicht. Das machte der Corona-Zweifler selbst öffentlich. Die Kita-Betreiberin stellt in Frage, ob Rascheins Verhalten «mit den Berufspflichten eines Rechtsanwalts vereinbar» ist, wie es in einem Brief der Kommission heisst.
Ihm droht eine Busse
Raschein droht ein Disziplinarverfahren. Sollte ein Verstoss gegen das Anwaltsgesetz vorliegen, muss er mit einer Busse von bis zu 5000 Franken rechnen. Raschein weist jegliches Fehlverhalten in einer Stellungnahme an die Kommission von sich.
Thomas Audétat, Präsident der Aufsichtskommission, will sich auf Anfrage zum konkreten Fall nicht genauer äussern. «Wir haben die Rückmeldung von Herrn Raschein erhalten und werden nun im Kollegium prüfen, ob ein Disziplinarverfahren einzuleiten ist», sagt er.
Nicht im Anwaltsregister eingetragen
Was Raschein zum Verhängnis werden könnte: Er ist in keinem Anwaltsregister eingetragen. In vielen Fällen ist es ihm deshalb verboten, als Anwalt vor Gericht aufzutreten. Schon nur dass er Personen gegenüber Behörden vertritt, könnte unter Umständen problematisch sein.
Raschein selbst schreibt, dass ihn gewisse Gerichte akzeptieren würden und andere nicht. Eine Zulassung habe er sich noch nie zu erstreiten versucht. Er greift Kommissionspräsident Audétat an: «Mein Verhalten stimmt mit den Berufspflichten eines Rechtsanwalts deutlich besser überein als Ihres.»
Auf Telegram ruft der Anwalt seine Anhängerinnen und Anhänger dazu auf, ebenfalls Protest gegen die Abklärungen der Aufsichtskommission einzulegen. Wenn jeder einen kurzen Brief an den Kommissionspräsidenten schreibe, «werden wir ihn vielleicht los», so Raschein. Gerade als Jurist dürfte er es eigentlich besser wissen.