«Hassbarde» oder Heiliger?
Konzert-Veranstalter verteidigen «Thompson»

Nach dem Ticket-Verkaufsstopp verteidigen die Veranstalter des «Thompson»-Konzerts den Rocker aus Kroatien. Ein Experte warnt vor dem umstrittenen Sänger.
Publiziert: 21.07.2016 um 20:55 Uhr
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Aktualisiert: 01.10.2018 um 00:14 Uhr

Das geplante Konzert des kroatischen Rockers «Thompson» (bürgerlich Marko Perkovic) sorgt für Diskussionsstoff. Nun hat der zuständige Ticket-Händler Starticket die Notbremse gezogen und den Verkauf per sofort gestoppt (BLICK berichtete).

Die Konzertveranstalter verteidigen «ihren» Sänger. Seine Lieder handelten bloss von «Liebe, Familie und der Heimat».
Foto: imago/Pixsell

Dass die Wogen vor Thompson-Konzerten hochgehen ist fast schon normal. Seine nationalistischen Äusserungen in einigen Liedern sorgen für rote Köpfe (BLICK berichtete). 2009 fiel ein geplanter Auftritt in Kriens LU ins Wasser. Aufgrund des Antirassismusgesetzes verweigerte ihm das Bundesamt für Polizei die Einreise.

Das letzte Konzert 2015 in Fribourg verlief offenbar friedlich, doch die Diskussionen bleiben auch diesmal nicht aus. Für die Organisatoren von cronight.ch ist das unverständlich.

«Marko Perković ist weder ein Faschist, Volkshetzer noch Hasssänger», schreiben sie in einer Mitteilung. Sie erinnern an den Krieg zwischen Serben und Kroaten zu Beginn der 90er-Jahre. Dieser «historische Kontext» müsse bei der Person Perkovics beachtet werden.

Er stamme aus einem Dorf, das sich an der Frontlinie befunden habe, deshalb habe er unter den serbischen Attacken «besonders stark» gelitten. Darum habe er sich der «Verteidigungsarmee angeschlossen» und versucht, mit seinen Liedern «die Moral der zahlenmässig stark unterlegenen kroatischen Armee aufrechtzuerhalten».

Aus dieser Zeit stamme auch das Lied, über welches sich Medien immer wieder ausliessen, «ohne vorher ernste Recherchen betrieben zu haben». Die Konzert-Veranstalter sprechen damit wohl auf «Jasenovac i Gradiska Stara» an, das Morde des faschistischen Ustascha-Regimes verherrlicht.

Heute sei Thompson aber ganz anders. «Nach Beendigung des Krieges widmete sich der Inhalt seiner Lieder nur noch der Liebe, Familie und der Heimat.» Seine Songs seien besonders bei der kroatischen Diaspora beliebt, «da sie bei Ihnen starke Heimatgefühle auslösen».

Diese Einschätzung teilt Osteuropa-Historiker Stefan Dietrich nicht. Thompson stehe für einen «extremen kroatischen Nationalismus», sagt er im Interview mit der «NZZ». Mehrmals habe der Musiker Verbrechen des sogenannten Ustascha-Staats verharmlost.

Dass er bei vielen Kroaten beliebt sei, habe mit der mangelnden Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit zu tun, glaubt der Histroiker. Bei einem Konzert im letzten Jahr, das im Fernsehen übertragen wurde, habe die Masse «Ubij Srbina» geschrien, was so viel heisse wie «Töte die Serben».

Perkovic verknüpfe Ereignisse aus dem kroatisch-serbischen Krieg der 90er Jahre mit dem faschistischen Ustascha-Staat im Zweiten Weltkrieg. «Er erzeugt ein Wir-Gefühl und grenzt sich von den «Anderen» ab», so Dietrich. Die Anderen seien die «falschen Kroaten», die Juden und Serben.

Einem grossen Teil des Publikums sei das aber nicht bewusst, so der Experte. Er findet aber den Auftritt in Schlieren «bedenklich».

Dem halten die Organisatoren entgegen. Sie erwarten einen «friedlichen und ausgelassenen musikalischen Abend».

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