Crypto-Affäre wirft schlechtes Licht auf den Bundesrat
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Harsche Kritik der Aufsicht
Crypto-Affäre wirft schlechtes Licht auf den Bundesrat

Die Schweizer Behörden und der Bundesrat sind mitverantwortlich, dass der US-Geheimdienst über manipulierte Chiffriergeräte der Crypto AG spionieren konnte. Dies hält die Aufsicht des Parlaments fest – und pfeift die Regierung zurück.
Publiziert: 10.11.2020 um 19:17 Uhr
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Aktualisiert: 11.11.2020 um 08:26 Uhr
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Der Chiffriergeräte-Produzent Crypto hatte manipulierte Verschlüsselungsgeräte hergestellt.
Foto: PIUS KOLLER

Die Crypto-Affäre wirft auf zahlreiche Beteiligte kein gutes Licht. Sei es der Schweizer Geheimdienst, der ohne Wissen des Bundesrats Kooperationen mit dem US-Geheimdienst CIA einging. Aber auch auf die Behörden und insbesondere auf den Bundesrat, dem die Aufsicht des Parlaments vorwirft, unter medialem Druck ebenfalls Grenzen überschritten zu haben.

So hält die Geschäftsprüfungsdelegation (GPDel) in ihrem am Dienstag veröffentlichten Bericht fest, dass die Schweiz von den Erkenntnissen der Spionagetätigkeit der CIA ebenfalls profitiert habe – im Einverständnis mit den USA. Die Schweiz spionierte also mit. Daraus ergebe sich «eine Mitverantwortung der Schweizer Behörden für die Aktivitäten der Crypto AG», hält die GPDel fest.

Nur wenige waren eingeweiht

Fast ein Vierteljahrhundert hatte die Zuger Verschlüsselungsfirma Crypto AG im Auftrag von CIA und dem deutschem Bundesnachrichtendienst manipulierte Geräte an unzählige Staaten geliefert. Die Deutschen stiegen 1993 aus. Die Schweiz war erst Trittbrettfahrerin, dann Juniorpartnerin der Amerikaner.

Nur wenige Schweizer waren eingeweiht. Selbst Direktoren des Nachrichtendiensts waren über vieles nicht im Bild. Der Bundesrat und sämtliche Kontrollinstanzen wurden erst recht im Dunkeln gelassen. Erst im vergangenen Frühling war die Affäre enthüllt worden. Die intensive Schweizer Beteiligung blieb aber auch da verborgen.

Nicht kommentieren wollte GPDel-Präsident Alfred Heer (59, SVP) die Rolle des ehemaligen Nachrichtendienst-Chefs Markus Seiler, des heutigen Generalsekretärs von Aussenminister Ignazio Cassis (59). Auf die Frage eines Journalisten, ob Seiler für eine solch wichtige Funktion innerhalb der Verwaltung noch tragbar sei, meinte SVP-Nationalrat Heer lediglich: «Ich habe dazu eine persönliche Meinung, aber die behalte ich für mich, so wie es der Nachrichtendienst tut ...»

Exportverbot ist für Aufsicht widerrechtlich

Rechtlich sei es zwar zulässig gewesen, dass der Schweizer Geheimdienst die Crypto AG zusammen mit der CIA nutzte, um Informationen über das Ausland zu beschaffen, erklärte GPDel-Mitglied Yvonne Feri (54, SP) am Dienstag vor den Medien. Angesichts der grossen politischen Tragweite sei es aber «inakzeptabel», dass der Bundesrat nicht informiert gewesen sei. Erst die amtierende Verteidigungsministerin Viola Amherd (58) wurde, nachdem Medien Anfragen zum Thema stellten, informiert.

Dabei bleibt aber auch die Landesregierung nicht vor Kritik verschont: Die Tatsache, dass die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz mit der CIA so lange vor dem Bundesrat verborgen blieb, stelle «einen Mangel in der Führung und in der Aufsicht durch den Bundesrat» dar. Daher «trägt der Bundesrat eine Mitverantwortung für den jahrelangen Export von schwachen Geräten durch die Crypto AG», stellt die GPDel klar.

Vor allem SVP-Wirtschaftsminister Guy Parmelin (60) bekommt sein Fett weg. Dass sein Departement im Zug der Affäre die Generalausfuhrbewilligungen für die Nachfolge-Firmen der Crypto AG «aus politischen Opportunitätsgründen» sistierte, bezeichnete GPDel-Präsident Heer als widerrechtlich.

So seien die Exporte der betroffenen Firmen faktisch seit Ende 2019 blockiert. «Das ist ein Verstoss gegen den Grundsatz von Treu und Glauben», meinte SVP-Nationalrat Heer.

Links-Grün fordert Köpferollen

Die Ausführungen der parlamentarischen Aufsicht riefen am Dienstag gleich mehrere Parteien auf den Plan. Für die FDP zeigt der Bericht, dass die Aufsicht funktioniere. Wichtig sei, «dass die Interessen der Schweiz durch das Geschäft der Crypto AG nicht gefährdet waren und die Aktivitäten der inneren Sicherheit der Schweiz dienten».

Zu ganz anderen Schlüssen kommen SP und Grüne. Der Nachrichtendienst habe als Staat im Staat agiert, der die politische Kontrolle «bewusst und systematisch» verhindert habe. Eine Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) solle weitere Abklärungen vornehmen.

Auch personelle Konsequenzen werden gefordert. So sei Markus Seiler untragbar geworden, findet Grünen-Präsident Balthasar Glättli (48): «Der ehemalige Chef des Nachrichtendiensts und heutige Generalsekretär des EDA hat gezielt verhindert, dass der Bundesrat seine politische Verantwortung wahrnehmen konnte.» (dba/SDA)

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