Die politischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Schweden sind ausgezeichnet und problemfrei», heisst es auf der Internetseite des schweizerischen Aussenministeriums EDA.
Das ist ziemlich geschwurbelt. Denn zwischen den beiden Staaten herrscht gerade dicke Luft.
Am 15. Oktober hätte in Stockholm ein feierliches Dinner stattfinden sollen. Zu den hochkarätigen Gästen hätten Bundesrat Ignazio Cassis (59) und seine schwedische Amtskollegin Ann Linde (58) gehört. Anlass ist das 100-Jahr-Jubiläum der diplomatischen Beziehungen zwischen der Eidgenossenschaft und dem Königreich; die Schweiz hat seit 1920 in Stockholm eine eigene Gesandtschaft.
Doch daraus wird nichts. Das schwedische Aussenministerium hat den Termin diese Woche platzen lassen. Eine befreundete Regierung derart vor den Kopf zu stossen, ist ein höchst unübliches Manöver.
Den Grund für den diplomatischen Eklat lieferte Ann Lindes Ministerium gleich mit: Die Absage an Cassis wird explizit mit dem Verweis auf einen Entscheid des Bundesrats in der Crypto- Affäre begründet, wie gut informierte Quellen gegenüber SonntagsBlick berichten.
Tradition der Neutralitätspolitik
Im Juni hatte die Landesregierung entschieden, dass die Firma Crypto International AG im zugerischen Steinhausen keine Chiffriergeräte mehr exportieren darf. Der Beschluss besiegelt das Ende des Unternehmens, das durch seine neuen Eigentümer in schwedischer Hand ist. 80 Mitarbeiter werden auf die Strasse gestellt.
Das ist aber nur einer der Gründe für den Zorn aus dem Norden – vor allem können die Skandinavier nun keine Cyber-Security-Software mehr beziehen. Obwohl doch das Land wie die Schweiz eine Tradition der Neutralitätspolitik und der Guten Dienste kennt.
Der Entscheid des Bundesrats fiel vor dem Hintergrund der sogenannten Cryptoleaks-Affäre. SRF und Tamedia machten im Februar Details dazu bekannt, wie die Firma Crypto AG in Zug während des Kalten Krieges Chiffriergeräte in alle Welt exportiert hatte – und dabei von der amerikanischen CIA und dem Bundesnachrichtendienst (BND) überwacht wurde.
Obwohl es sich bei der Crypto International AG um ein Nachfolgeunternehmen handelt und die Besitzer beteuern, dass das Geschäft nichts mehr mit der alten Crypto AG zu tun hat, griff der Bundesrat unter dem medialen und politischen Druck zum Zweihänder.
Beide rühmen sich als Friedensstifter
Im EDA ist man schlecht auf Wirtschaftsminister Guy Parmelin (60) zu sprechen. Dessen Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) hat mit einer Strafanzeige gegen Unbekannt die aktuelle Entwicklung erst ins Rollen gebracht und war ein Treiber des Exportverbots.
Jetzt müssen Bundesrat Ignazio Cassis und seine Verwaltung die Suppe auslöffeln. Dem Vernehmen nach haben auch andere befreundete Staaten beim Aussendepartement gegen das Exportverbot protestiert.
Gegenüber SonntagsBlick hält man sich beim EDA mit O-Tönen zurück. Man bestätigt aber die Recherchen: «Zur Feier des hundertjährigen Bestehens der diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und Schweden war auch ein Treffen auf Aussenministerebene vorgesehen. Dieses Treffen wird gemäss heutigem Kenntnisstand nicht stattfinden.»
Nun gilt es, das Kriegsbeil zu begraben. Eine Gemeinsamkeit der zwei Länder sollte Hoffnung machen: Beide rühmen sich als Friedensstifter in internationalen Konflikten.