«Hätte Sache schnell lösen können»
Dick Marty macht EDA und Bundesanwaltschaft schwere Vorwürfe

Der ehemalige Tessiner Ständerat und Sonderermittler des Europarats, Dick Marty, hat in Zusammenhang mit den Bedrohungen gegen seine Person dem Aussendepartement EDA und der Bundesanwaltschaft schwere Vorwürfe gemacht.
Publiziert: 28.04.2023 um 17:12 Uhr
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Aktualisiert: 28.04.2023 um 18:40 Uhr
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Dick Marty hat dem Aussendepartement EDA und der Bundesanwaltschaft schwere Vorwürfe gemacht.
Foto: Philippe Rossier

Dick Marty (78), der ehemalige Tessiner Ständerat und Sonderermittler des Europarats, äusserte im «Tagesgespräch» von Radio SRF am Freitag Unverständnis darüber, dass es so lange gedauert habe, bis er Schutz erhalten habe und warum die Behörden nicht sofort die Kriminellen verfolgt hätten. «Man hätte die Sache schnell lösen können», sagte Marty.

Denn das Ziel der Kriminellen sei es gewesen, dem ehemaligen kosovarischen Präsidenten Hacim Thaci die Schuld für den Mord an ihm in die Schuhe zu schieben. Marty geht davon aus, dass es sich um Leute mit Kontakten zu den serbischen Geheimdiensten handelte. Denn Serbien habe befürchtet, dass Thaci nicht vor Gericht gestellt werden könnte.

Hätte die offizielle Schweiz damals sofort bei der serbischen Regierung interveniert und ihr gesagt, dass sie von den Plänen wisse, dann wäre der Plan geplatzt, sagte Marty. «Aber anscheinend wollte man die diplomatischen Beziehungen nicht stören. Warum weiss ich nicht.» Er wisse aber, dass viele Leute der offiziellen Schweiz im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) und in der Bundesanwaltschaft (BA) nicht die Wahrheit sagten.

BA: In Kontakt mit serbischen Behörden

Ohne auf den Vorwurf der späten Reaktion einzugehen, schreibt die BA auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA: «Die zuständigen Schweizer Behörden stehen auf verschiedenen Ebenen in Kontakt mit den serbischen Behörden.»

So hätten Austausche und Treffen zwischen der Bundeskriminalpolizei von Fedpol und den serbischen Polizeibehörden stattgefunden, hiess es am Freitag weiter. Diese Massnahme sei «Bestandteil des aufgezogenen Massnahmendispositivs», wobei der Austausch zwischen Fedpol und den serbischen Polizeibehörden in enger Absprache mit der Bundesanwaltschaft stattfinde.

Kampagne in Albanien

Die Bedrohung komme jedoch nicht nur von serbischer Seite, betonte Marty gegenüber SRF. Auch die albanischen Medien und sogar Politiker führten seit Jahren eine Hetzkampagne gegen ihn. Und das sei gefährlich. Weil dieses Vorgehen unkontrollierbare Leute aufhetzen könne.

Marty zeigte sich frustriert, dass die Schweizer Behörden ihm gegenüber nicht die Wahrheit sagten: Er sei nie sehr beliebt gewesen im offiziellen Bern, unter anderem, weil er einen Bericht über die CIA-Gefängnisse geschrieben habe, der die Beziehungen zu den USA gestört haben könnte.

Menschenrechtsverletzungen bestätigt

Marty war 2010 in einem Bericht zuhanden des Europarats zum Schluss gekommen, dass Teile der Führung der kosovarischen Befreiungsarmee UCK während des Kosovo-Krieges von 1998 bis 1999 Kriegsverbrechen begangen hatten. Später hatte das Kosovo-Sondertribunal in den Haag die entsprechende Anklage bestätigt und Thaci trat im November 2020 als Staatspräsident zurück.

Marty erhielt jedoch erst im Dezember 2020 umfassenden Personenschutz. Man habe damals von einer «ernstzunehmenden Bedrohungssituation» gegen Marty ausgehen müssen, teilte die Bundesanwaltschaft mit. Aufgrund des «mutmasslich länderübergreifenden Kontextes» weise der Fall auch eine politische Komponente auf.

(SDA)

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