Doch Russland stellt sich quer
Ukraine will Schweiz als Schutzmacht

Die Guten Dienste der Schweiz sind auch im Ukraine-Krieg gefragt. Ein Abkommen mit der Ukraine für ein Schutzmacht-Mandat steht. Nun muss dem Russland noch zustimmen.
Publiziert: 10.08.2022 um 12:40 Uhr
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Aktualisiert: 10.08.2022 um 18:24 Uhr
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Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski möchte, dass die Schweiz die Interessen der Ukraine in Russland vertritt.
Foto: keystone-sda.ch
Lea Hartmann

Die Verhandlungen haben mehrere Monate gedauert. Nun gibt es einen ersten Erfolg zu vermelden: Die Ukraine und die Schweiz haben ein Abkommen für ein Schutzmachtmandat zwischen der Ukraine und Russland ausgehandelt. Das berichtet «CH Media».

Als Schutzmacht würde der Bund die Interessen der Ukraine in Russland vertreten und Ansprechperson für die rund zwei Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer sein, die in Russland leben. Das von Russland angegriffene Land hat unmittelbar nach Beginn des Kriegs die diplomatischen Beziehungen zum Aggressor abgebrochen. Nun muss allerdings noch Russland zustimmen, damit die Schweiz als Vermittlerin agieren kann.

«Schutzmachtmandat ist wichtig»

Was genau im Abkommen mit der Ukraine vereinbart wurde, ist laut «CH Media» vertraulich. In der Regel würde festgelegt, welche Aufgaben die Schweiz übernimmt und wie viel Personal die Schweiz und die Ukraine dafür zur Verfügung stellen. Es dürfte darum gehen, dass die Schweiz in Russland konsularische Aufgaben für die Ukraine übernimmt – wie zum Beispiel das Ausstellen von Pässen.

«Das Schutzmachtmandat ist wichtig. Es würde den Menschen vor Ort helfen», sagt der St. Galler SVP-Nationalrat Roland Rino Büchel (56). Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (58) sagt, als neutraler Staat habe die Schweiz die Pflicht, ihre Guten Dienste anzubieten. Die Schweiz habe in diesem Bereich schliesslich so viel Erfahrung wie sonst niemand. So vertritt die Schweiz beispielsweise schon seit 1980 die Interessen der USA im Iran. Seit 2019 vermittelt man zudem zwischen Russland und Georgien.

Russland winkt ab

Dass es aber so weit kommt, ist eher unwahrscheinlich. Die russische Botschaft in Bern jedenfalls winkt ab: «Soweit der Botschaft bekannt ist, hat die russische Seite in der von Ihnen angesprochenen Frage keine Kontakte zu den offiziellen Stellen der Eidgenossenschaft», zitiert der «Tages-Anzeiger» eine Stellungnahme.

Grund dafür – oder was Russland als solchen vorschiebt – sind die von der Schweiz ergriffenen Sanktionen. «Wir sind der Meinung, dass die Neutralität der Schweiz bis zu einem gewissen Grad beeinträchtigt wurde, da die Eidgenossenschaft alle sieben Pakete der illegitimen antirussischen EU-Restriktionen aufgenommen hat und sich damit in der Tat mit einer der Konfliktparteien solidarisiert hat», so die Botschaft. «In diesem Zusammenhang ist es aus unserer Sicht schwierig, von einer Vermittlung von Bern in der Frage Ukraine zu reden.»

Nun gelte es, den Kompromiss so auszugestalten, dass auch Russland unterschreiben könne, sagt Büchel. Sollte das gelingen, sei das eine «gute Leistung» für Aussenminister Ignazio Cassis (61, FDP). «Eine Einigung in dieser Sache zwischen der Ukraine und Russland könnte ein wichtiger Schritt sein, um auch im Grossen Kompromisse zu finden», glaubt der Aussenpolitiker.

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