Für die AHV-Initiative des Schweizerischen Gewerkschaftsbunds (SGB), also jene zur Einführung einer 13. AHV-Rente, sieht es gut aus. Für die Volksinitiative der Jungfreisinnigen, die das Rentenalter erhöhen will, hingegen gar nicht. Während sich 68 Prozent der Befragten in der neusten Tamedia-Umfrage für eine zusätzliche Rentenzahlung aussprechen, schicken 67 Prozent die Erhöhung des Rentenalters auf 66 Jahre und höher bachab. Die Abstimmung über die beiden Vorlagen findet wohl im Frühling 2024 statt.
Auffallend ist die Einstellung der SVP-Anhänger: Hier sagen gar 70 Prozent Nein oder eher Nein zur Aufschiebung ihrer Pensionierung um erstmal ein Jahr und zur späteren weiteren Aufschiebung im Gleichschritt mit der wachsenden Lebenserwartung. Jedoch sprechen sich ebenfalls 70 Prozent der SVP-Sympathisanten für eine 13. AHV-Rente aus.
Rote Karte
Damit zeigt die Parteibasis der SVP-Zentrale die Rote Karte. Dabei sagte Nationalrat Thomas de Courten (56) noch Ende vergangenen Jahres während der Ratsdebatte zur Volksabstimmung «Für ein besseres Leben im Alter», wie die SGB-Vorlage offiziell heisst: «Die SVP lehnt die Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente ab.»
Mehr zur 13. AHV-Rente
Ein derartiger Ausbau der AHV sei weder nachhaltig noch finanzierbar. Wie der Bundesrat sehe auch seine Partei keinen finanziellen Spielraum für eine solche 13. AHV-Rente, so der Baselbieter.
Aeschi ist überrascht
Jetzt zeigt sich der SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (44) in den Tamedia-Zeitungen überrascht von der hohen Zustimmung der SVP-Wähler zur zusätzlichen Rentenzahlung. Es sei offensichtlich, dass der Teuerungsschub Spuren hinterlasse, lässt er sich zitieren. «Aber eine 13. AHV-Rente mit zusätzlichen Kosten von jährlich 5 Milliarden Franken kann nicht die Lösung sein», betont er.
Die Probleme der AHV aufgrund der Pensionierung der Babyboomer und der steigenden Lebenserwartung würden so noch verschärft. «Wir müssen aufzeigen, welche finanziellen Folgen ein Ja zur 13. AHV-Rente hat», findet der Fraktionspräsident.
Doch angesichts der Inflation, steigender Mieten und wachsender Krankenkassen-Prämien dürfte es für die SVP-Leitung nicht einfach werden, gegen die 13. Rente Abstimmungskampf zu betreiben, wenn die Zustimmung zur Vorlage bei der Parteibasis sogar grösser ausfällt als in der Gesamtbevölkerung.
Der SGB-Präsident und SP-Nationalrat Pierre-Yves Maillard (55) sagt mit Blick auf die SVP-Haltung sogleich: «Die Abweichung der Parteileitung von der Basis ist bei der AHV historisch hoch.» Dieser Graben zwischen der Fraktion und der Basis tue sich bei der Altersvorsorge immer öfter auf. «Bei der AHV hat die SVP ein Problem mit ihrer Wählerschaft», so der Gewerkschaftsboss.
Ihn überrasche die starke Zustimmung für die 13. AHV-Rente nicht, «da sich der Kaufkraftverlust der Rentnerinnen und Rentner zuspitzt». Auch Maillard verweist auf stark steigende Mieten und Prämien, um zu betonen: «Wenn es keinen AHV-Ausgleich gibt, fehlt bis Ende 2024 eine ganze Monatsrente.»
Und mit Blick auf die Initiative zur Erhöhung des Pensionsalters sagt der SPler: «Die klare Ablehnung der Rentenaltererhöhung der Jungfreisinnigen verdeutlicht, dass die Bevölkerung keinen weiteren Rentenabbau, sondern eine existenzsichernde Rente will, wie dies die Verfassung verlangt.»
Nur die FDP dafür
Auch beim Rentenalter fällt die Haltung der SVP-Anhänger auf: Nur bei den beiden linken Parteien, SP und Grüne, ist die Ablehnung der Erhöhung mit 82, beziehungsweise 77 Prozent, noch grösser. Mitte und GLP erteilen der Vorlage ebenfalls eine Absage. Einzig bei den FDP-Anhängern geniesst die Initiative der eigenen Jungpartei eine Zustimmung von 57 Prozent.
Im Auftrag von Tamedia hatte das Institut Leewas am 10. und 11. Juli 2023 auch die sogenannte Sonntagsfrage gestellt, also danach gefragt, welche Partei jemand wählen würde, wenn am nächsten Sonntag Parlamentswahlen wären.
Hier war das Ergebnis für die SVP weit erfreulicher: Im Vergleich zum Wähleranteil, den die Partei bei den Wahlen 2019 erreicht hatte, könnte die SVP um 2,3 Prozentpunkte zulegen. Die Grünen hingegen müssen laut der Umfrage mit einem Verlust von 2,5 Prozentpunkten rechnen.