Gewerkschaft fordert Durchgreifen
Kaum Corona-Bussen für Baufirmen

Auf der Einkaufsstrasse gibt es eine Busse, wenn jemand keine Maske trägt, nicht aber auf der Baustelle: Unternehmen werden erst nach mehrmaligen Verstössen gebüsst. Travailsuisse-Präsident Adrian Wüthrich verlangt nun mehr und raschere Sanktionen für Firmen.
Publiziert: 20.02.2021 um 10:48 Uhr
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Wer im öffentlichen Verkehr oder im Laden keine Maske trägt, dem droht eine Busse.
Foto: Keystone
Gianna Blum

Keine Maske dabei, zu sechst unterwegs und vielleicht auch noch zu nahe aufeinander? Seit dem 1. Februar droht eine Busse, wenn die Polizei jemanden bei Verstössen gegen die Corona-Massnahmen erwischt. Statt wie vorher mit aufwendiger Anzeige können Polizisten den Bussenzettel zücken und an Ort und Stelle Strafen verteilen.

Das hat aber Grenzen: nämlich an der Schwelle zum Arbeitsort. Wer im Büro oder auf der Baustelle keine Maske trägt, muss sich wegen der Polizei keine Sorgen machen. Denn hier ist der Arbeitgeber dafür zuständig, dass die Massnahmen eingehalten werden – üblicherweise via Schutzkonzepte.

Bussen für Private

Gerade auf dem Bau sorge das für Unmut, sagt Adrian Wüthrich (40), Präsident von Travailsuisse. Von den Baustellen erhält der Gewerkschaftsdachverband viele solcher Rückmeldungen. «Während die Leute im privaten Raum Bussen bekommen, lässt man es bei den Patrons schleifen», kritisiert er. Denn Unternehmen riskierten erst bei mehrmaligen Verstössen eine Anzeige.

Dass die Schutzkonzepte der Betriebe überhaupt kontrolliert werden, ist je nach Kanton ohnehin schon die Ausnahme: Wie der «Tages-Anzeiger» berichtete, nimmt etwa der Kanton Zürich bis zu 1000 Konzepte pro Woche unter die Lupe – und der Kanton Obwalden deren null.

Erst einmal bemängeln

Und auch wenn eine Kontrolle durchgeführt wird, erfolgt im ersten Schritt üblicherweise bloss ein Hinweis auf einen Verstoss – schweizweit in etwa jedem sechsten Fall. Im Kanton Zürich sind bei insgesamt 30'000 überprüften Schutzkonzepten zwar 1500 Betriebe verzeigt worden, Mängel wurden aber um die 12'000 festgestellt. Und im Kanton Graubünden – mit 200 bis 300 Kontrollen pro Woche ebenfalls fleissig unterwegs – sind seit Ende Dezember «rund ein Dutzend» Verfahren gegen Betriebe hängig, die Mängel innerhalb einer gesetzten Frist nicht behoben haben.

Die Überprüfung der Schutzkonzepte bei Bau und Industrie führt üblicherweise die Suva durch. Wenn Maskenpflicht und Abstandsregeln nicht eingehalten werden oder es keine Möglichkeit gibt, sich die Hände zu waschen, würden mit dem Betrieb Massnahmen vereinbart, heisst es dort. Sanktionen wie Schliessungen seien in der zweiten Corona-Welle noch nicht nötig gewesen. «Die Praxis zeigt, dass die erforderlichen Massnahmen nach einer Kontrolle umgesetzt werden», so die Suva.

Mehr Sanktionen gefordert

Dass Sanktionen eher selten sind, ist kein Zufall: Denn Ziel der Kontrollen ist vor allem, die Betriebe zu sensibilisieren. Für Gewerkschafter Wüthrich reicht das aber nicht. «Es bracht nicht nur mehr Kontrollen, es braucht auch klare Sanktionen», sagt er. Denn schliesslich geht es um die Gesundheit der Arbeitnehmenden.

Unverständlich findet es Wüthrich, dass «anders als bei den Ordnungsbussen» der Bundesrat hier auf eine Spezialbestimmung verzichtet hat, «obwohl Kontrollen zeigen, dass jedes sechste Unternehmen die Schutzkonzepte nicht einhält». Diese Ungleichbehandlung von Privatpersonen und Unternehmen, vor allem aber, dass man bei der Gefährdung von Arbeitnehmenden Verstösse nicht ebenfalls gleich ahndet, ist für ihn stossend. «Und ich denke, das hilft nicht den Rückhalt der Bevölkerung für die Corona-Massnahmen zu erhalten», gibt Wüthrich zu bedenken.


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