Gemeindeverbands-Präsident Hannes Germann über die Personalprobleme
«Nur Jammern bringt nichts»

Das Personalproblem der Schweizer Gemeinden beschäftigt auch Hannes Germann, Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbandes. Er warnt aber davor, nur zu jammern, und setzt auf Durchhalteparolen. Die Gemeinden sollen kreativ nach neuen Behördenmodellen suchen.
Publiziert: 25.04.2018 um 14:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 17:30 Uhr
Andrea Willimann

Dass Milizpolitiker einen Stressjob haben, ist Hannes Germann (61), Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbands, bewusst. Der Schaffhauser SVP-Ständerat war 12 Jahre lang Gemeindepräsident von Opfertshofen SH, bevor die Gemeinde mit Thayngen fusionierte.

Herr Germann, jede zweite Gemeinde hat Mühe, ihre politischen Ämter zu besetzen, Einzelne finden gar kein Personal mehr. Brennt es lichterloh im Schweizer Gemeindesystem?
Hannes Germann: Ja, wir haben in vielen Gemeinden ein Personalproblem. Die Ansprüche der Leute an die Amtsträger sind gross, und zugleich zehrt das berufliche Umfeld: Nicht jeder Arbeitgeber hat Verständnis und stellt Zeit zur Verfügung. Aber nur jammern ist auch nicht angebracht!

Der Nachwuchs ist aber schon gewaltig abgeschreckt: 5,6 Prozent der Gemeinderäte sind weniger als 35 Jahre alt.
Es ist eine Herausforderung, Beruf und Gemeindepolitik unter einen Hut zu bringen. Ich war selber 12 Jahre Gemeindepräsident. Aber ich konnte von intakten Strukturen, einem guten Gemeindeschreiber und Team profitieren. Man muss halt auch lernen zu delegieren oder sich für spezielle Aufgaben Hilfe von aussen zu holen.

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Foto: ZVG

Hat das Milizsystem auf Gemeindeebene wirklich eine Zukunft?
Ja. Denn das Milizsystem ist eigentlich die richtige Antwort auf die wachsende Professionalisierung: Im Idealfall stellen Bürger ihr Spezialwissen aus dem beruflichen Umfeld der Allgemeinheit zur Verfügung.

Die Kantone Luzern und St. Gallen operieren mit neuen Modellen, trotzdem fallen auch dort Gemeinderäte nicht vom Himmel. Was ist zu tun?
Die Gemeinden müssen kreativ sein! Unsere Demokratie ist ein Experimentierfeld. Jede Gemeinde muss ein Modell finden, das passt und auf die Aufgaben der Gemeinde, die Ansprüche der Bürger und auf die finanziellen Möglichkeiten abgestimmt ist. Viele Gemeinden haben ihr ideales Behörden-Modell gefunden und funktionieren gut. Gemeinden müssen zudem – wo immer möglich – Kooperationsmöglichkeiten nutzen. Oder offen für Fusionen sein, wenn das Personal fehlt oder die Aufgaben für kleine Gemeinden zu komplex werden. 

«Man muss halt auch lernen zu delegieren oder sich für spezielle Aufgaben Hilfe von aussen zu holen», rät Hannes Germann, Präsident des Schweizerischen Gemeindeverbandes, überlasteten Gemeinderäten.
Foto: Keystone

Das ist noch keine Antwort darauf, wie wir Junge mobilisieren. Politiker verlangen, dass man an den Unis Lehrgänge einrichtet oder an den Berufsschulen Junge an die Politik heranführt. Wäre das etwas?
Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Der Gemeindeverband unterstützt als Projektpartner das Forschungsprojekt Promo 35 der Hochschule für Technik und Wirtschaft Chur. Dieses entwickelt auf Basis wissenschaftlicher Untersuchungen Instrumente zur politischen Nachwuchsförderung. Wir müssen den Jungen aber auch zeigen, dass die Führungsaufgabe in einer Gemeindebehörde nicht nur lehrreich und bereichernd ist, sondern auch der beruflichen Karriere dienen kann.

Indem Ihr Gemeindeverband 2019 das «Jahr der Miliz» ausruft und die Leute aufs Rütli einlädt?
Wertschätzung ist für die Milizpolitiker, die grossen Aufwand leisten, extrem wichtig und wertvoll. Die Bürger auf der anderen Seite müssen sehen, welche Kosten mit den Milizlern eingespart werden und welch wichtigen Beitrag sie für die Identität in den Gemeinden leisten! 

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