Gehts noch, Herr Botschafter?
Schweizer Diplomat reisst Witz über Coronavirus

Diplomatisch? Mitnichten. Jacques Pitteloud, Schweizer Botschafter in den USA, hat am WEF einen Scherz über das Coronavirus gerissen. Obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Todesfälle bekannt waren.
Publiziert: 27.01.2020 um 14:03 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2021 um 23:55 Uhr
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Das Coronavirus ist in der chinesischen Stadt Wuhan ausgebrochen. Bis Anfang Woche ist die Zahl der Toten auf über 80 gestiegen.
Foto: Keystone

China riegelt ganze Metropolen ab, in Europa führen Flughäfen Gesundheitschecks ein, der Bund verschärft die Meldepflicht bei Verdachtsfällen: Das Coronavirus hält die Welt in Atem. Mehrere Dutzend Personen sind in China bereits an der neuartigen Lungenkrankheit gestorben. Wegen der hohen Ansteckungsgefahr wird eine Pandemie wie beim Sars- oder Mers-Virus befürchtet.

Angesichts dieser Ausgangslage dürfte kaum jemandem zum Scherzen zumute sein. Nicht so Diplomat Jacques Pitteloud. Der Schweizer Botschafter in den USA hat mit einem Witz am Rande des WEF in Davos die Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

«Erhole mich gerade von Fiebererkrankung nach Wuhan-Aufenthalt»

«Entschuldigen Sie meine heisere Stimme», sagte der Walliser Pitteloud zu Beginn seiner Ansprache an einem Anlass der schweizerisch-amerikanischen Handelskammer vergangenen Donnerstag, wie mehrere Quellen gegenüber BLICK bestätigen. Und ergänzte: «Ich erhole mich gerade von einer Fiebererkrankung nach einem Aufenthalt in Wuhan.»

Der Spruch soll für Lacher unter den geladenen Gästen – darunter namhafte Wirtschaftsführer, nationale Politiker, US-Botschafter Ed McMullen (55) und mehrere Journalisten – gesorgt haben. Es soll aber auch der eine oder andere abschätzige Kommentar zum höchst unpassenden Witz gefallen sein, wird BLICK kolportiert. Und manch einer hat zumindest im Verborgenen über Pittelouds Aussage den Kopf geschüttelt. Schliesslich war bereits zu diesem Zeitpunkt klar, dass das Virus mehrere Menschenleben gefordert hat.

Pitteloud entschuldigt sich

Auf Nachfrage von BLICK wollen sich mehrere Gäste nicht mehr an die Worte Pittelouds erinnern. Auch der Veranstalter, Handelskammer-Präsident Martin Naville (60), gibt sich zugeknöpft und will sich nicht dazu äussern.

Und der Diplomat selbst? Dieser lässt über das Aussendepartement ausrichten, dass es sich um eine «witzige Bemerkung» zur Eröffnung der Rede gehandelt habe. «Dem Botschafter tut es leid, wenn seine Worte jemandes Gefühle verletzt haben sollten.» Er habe in keinster Weise «die aktuelle Situation in China herunterspielen oder verhöhnen» wollen.

Was ist das Coronavirus?

Das neue Coronavirus hält die Welt in Atem. Doch was genau ist das Sars-ähnliche Virus überhaupt? Wie entstand es? Und wie kann man sich schützen? BLICK klärt hier die wichtigsten Fragen und hält Sie im Newsticker auf dem Laufenden.

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Der undiplomatische Diplomat

Pitteloud ist seit vergangenem Sommer Botschafter in Washington. Er ist bekannt als Diplomat, der sich gern auch mal ganz und gar undiplomatisch äussert. In der Vergangenheit hatte die Bundesanwaltschaft in einer Korruptionsaffäre gegen Pitteloud, damals noch Botschafter in Kenia, ermittelt – der Vorwurf der Nötigung stand im Raum.

2018 wurde Pitteloud freigesprochen, das Bundesstrafgericht rügte ihn aber. Sein Ton sei «sehr eindringlich» und «keineswegs frei von Anspielungen» gewesen. Seinen Abgang nutzte er daraufhin für eine Abrechnung mit den kenianischen Politikern. (lha)


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