Dasselbe Geschäft, zwei völlig unterschiedliche Betrachtungsweisen: Für SVP-Verkehrsminister Albert Rösti (56) ist die heutige Politik «auch der nächsten Generation eine gute Verkehrsinfrastruktur schuldig». Für die grüne Nationalrätin Marionna Schlatter (42) hingegen ist klar: «Wer Strassen säht, wird Verkehr ernten.»
In der Grossen Kammer konnte sich letztlich Rösti durchsetzen. Mit 94 gegen 87 Stimmen bei 4 Enthaltungen hat sich der Nationalrat dafür ausgesprochen, die Autobahn A1 auf den Abschnitten Bern–Zürich und Lausanne–Genf auf sechs Spuren auszubauen. Die Regierung hatte eine entsprechende Motion von SVP-Nationalrat Erich Hess (42) zur Annahme empfohlen.
«Chronisch überlastet»
Hess begründete seine Motion damit, dass das Verkehrsaufkommen auf der 410 Kilometer langen A1 heute um einiges grösser sei als früher. Die Autobahn gehöre zu den «chronisch überlasteten Strecken des Landes». Das würden die täglichen Staumeldungen belegen. Und die Nutzung werde in naher Zukunft weiter zunehmen.
Einige Teilabschnitte wie zwischen Härkingen SO und Wiggertal AG wurden bereits auf sechs Spuren ausgebaut. Eine weitere Etappe zwischen Härkingen und Luterbach SO ist in Planung. Nun forderte SVP-Mann Hess, dass der Bundesrat den generellen Ausbau der A1 auf sechs Spuren forciert.
Schienen und Strassen ausbauen
«Wir wollen sowohl die Schienen- als auch die Nationalstrasseninfrastruktur ausbauen», erklärte Bundesrat Rösti. Die Regierung plane die A1 dort auszubauen, wo sie chronisch überlastet sei. Vom Ausweichverkehr betroffene, an die A1 angeschlossene Dörfer würden leiden.
Überrascht von der Haltung des Bundesrats zeigten sich die Gegner – namentlich Vertreterinnen und Vertreter der Grünen, der GLP und der SP – die sich gegen die Motion stellten. Der Bundesrat befürworte einen Ausbau des motorisierten Individualverkehrs, obwohl die Bevölkerung erst gerade dafür votiert habe, bis 2050 klimaneutral zu sein, betonte Nationalrätin Schlatter.
Klimaneutralität und ein solcher Ausbau der Autobahn seien gleichzeitig nicht möglich. Und: «Autos sind und bleiben auch mit der Elektrifizierung ineffiziente Fahrzeuge», so Schlatter weiter.
Im Nationalrat stiess sie damit bei einer Mehrheit auf wenig Gehör. Als Nächstes muss der Ständerat über die Motion befinden. (dba/SDA)