Freie Rheinschifffahrt gefährdet
EU droht, uns den Meer-Zugang zu kappen

Die EU will ihren Einfluss auf die Rheinschifffahrt stärken. Für die Schweiz könnte das gravierende Folgen haben. Doch es gibt Hoffnung.
Publiziert: 04.08.2023 um 11:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.08.2023 um 14:10 Uhr
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Für die Versorgung der Schweiz ist die Bedeutung der Rheinhäfen in den beiden Basel kaum zu überschätzen.
Foto: Keystone
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Der freie Zugang der Schweiz zur Nordsee über die Rheinschifffahrt ist gefährdet. Es droht ein weiterer Nadelstich der EU, nachdem der Bundesrat 2021 die Verhandlungen zum Rahmenabkommen abgebrochen hat.

Die EU will die europäische Binnenschifffahrt harmonisieren und die Kompetenzen in Brüssel zentralisieren. Seit 2021 habe sie ihre Bemühungen dazu verstärkt, schrieb der Bund in einem Bericht von 2022. Tatsächlich haben nun bereits Gespräche begonnen.

Damit läuft die Schweiz Gefahr, ihr Mitspracherecht bei der Rheinschifffahrt zu verlieren. Der freie Waren- und Personenverkehr könnte – wie schon die Medizinaltechnik – zum Spielball der Politik werden.

Grosse Bedeutung für die Schweiz

Der Zugang zum weltweiten Handel durch die freie Rheinschifffahrt ist seit dem Wiener Kongress von 1815 eigentlich völkerrechtlich gesichert. Belgien, Deutschland, Frankreich, die Niederlande und die Schweiz unterzeichneten die sogenannte «Mannheimer Akte».

Gleichzeitig schufen die Anrainerstaaten die Zentralkommission für die Rheinschifffahrt (ZKR). Sie sorgt für einen reibungslosen Waren- und Personenverkehr.

Und für die Versorgung der Schweiz sind die Rheinhäfen in den beiden Basel von grosser Bedeutung. Über 10 Prozent des gesamten Aussenhandels laufen über den Rhein, bei Mineralölen sind es sogar rund 30 Prozent.

Schweiz will weiter freie Fahrt

Im Parlament in Bern wird schon länger befürchtet, dass Brüssel mit einer Harmonisierung der europäischen Binnenschifffahrt den freien Zugang der Schweiz zum Rhein infrage stellen könnte. Sie wäre auf den Goodwill der EU angewiesen – ein neues Druckmittel für ein umfassendes Rahmenabkommen.

Die Baselbieter Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (59) hatte das Thema schon 2021 aufgeworfen. «Eine freie Schifffahrt auf dem Rhein mit einer Freistellung von Abgaben, einer vereinfachten Zollabfertigung und einheitlichen Sicherheits- und Verkehrsvorschriften ist für die Versorgungssicherheit der Schweiz zentral», betont sie auch heute noch.

Auf Blick-Anfrage aber wollten damals weder das Aussendepartement von Ignazio Cassis (62) noch die Schweizerischen Rheinhäfen Hinweise haben, dass Brüssel die «Mannheimer Akte» gefährden könnte.

Schifferpatent stand vor dem Aus

Das hat sich geändert, wie sich etwa beim Rheinschiffer-Patent, dem Führerausweis für Kapitäne zeigt: Die EU-Kommission wollte erst kürzlich auf EU-Gebiet nur noch das Unions-Zeugnis zulassen – obwohl die Dokumente inhaltsgleich sind.

«Das hätte dazu geführt, dass das ZKR-Patent nur noch auf der rund vier Kilometer langen Schweizer Rheinstrecke gegolten hätte», erkärt Paul Seger (64), Diplomat und Leiter der Schweizer ZKR-Delegation. Das konnte zum Glück verhindert werden.

Lösung in Sichtweite?

Um Konflikte zwischen der ZKR und der EU künftig erst gar nicht mehr aufkommen zu lassen, arbeitet Seger, bis vor kurzem Schweizer Botschafter in Berlin, auf eine politische Erklärung hin, die alle ZKR-Mitglieder sowie die EU-Kommission unterzeichnen sollen.

Darin würden sie ihr gemeinsames Interesse an einer europäischen Harmonisierung der Binnenschifffahrtsregeln bekräftigen. Immerhin gebe es bereits bewährte Lösungen, verweist Seger auf CESNI, einen gemeinsamen Ausschuss der EU- und ZKR-Staaten. Dieser entwickelt seit 2015 die wichtigsten Standards in der Rheinschifffahrt.

Die ZKR würde anerkennen, das Binnenschifffahrtsrecht inhaltlich EU-konform auszugestalten. Dafür respektierte die EU ihrerseits, dass auf dem gesamten Rhein neben den EU- auch die ZKR-Normen gelten. Die Anrainerstaaten könnten ihren Einfluss wahren. Und die Schweiz würde ihr wichtigstes Ziel erreichen: Der Rhein als Tor zur Welt soll weit offen bleiben.

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