Fast alle haben etwas zu mäkeln
EU-Verhandlungen? Ja, aber...

Nach einer rund zweimonatigen Konsultation erhält der Bundesrat viel Zuspruch für die Aufnahme von Verhandlungen mit der EU. Punkto Lohnschutz, Stromabkommen, Bahnverkehr oder Sozialsysteme werden Verbesserungen gefordert.
Publiziert: 16.02.2024 um 07:34 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2024 um 07:44 Uhr
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Bald könnten Verhandlungen zwischen dem Bundesrat und der EU starten. (Symbolbild)
Foto: GAETAN BALLY

Die Konferenz der Kantonsregierungen (KDK), die aussenpolitischen Kommissionen des National- (APK-N) und Ständerats (APK-S), die Wirtschaftskommission des Nationalrats (WAK-N), Wirtschaftsverbände, Sozialpartner, der Städteverband und die meisten Parteien unterstützen das Vorhaben des Bundesrats, mit der EU ein Abkommen zu verhandeln.

Geplant ist ein umfassendes Verhandlungspaket mit Abkommen in mehreren Bereichen. Während einige sich für zügige Verhandlungen aussprechen, fordern andere Verbesserungen.

Gewerkschaften und Arbeitgeber fordern Absicherungen bei Spesen

Im Bereich des Lohnschutzes soll der Grundsatz «Gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort» gelten, darüber sind sich die verschiedenen Interessengruppen einig. Insbesondere für die Gewerkschaften, aber auch für den Schweizerischen Arbeitgeberverband und die parlamentarischen Kommissionen sind zusätzliche Absicherungen bei der Spesenregelung nötig.

Die Spesen von entsandten Arbeitskräften müssten sich am Schweizer Standard ausrichten, sonst bestehe die Gefahr von Lohndumping. Weiter verlangt der Schweizerische Gewerkschaftsbund, dass die Voranmeldefrist für ausländische Handwerker nicht verkürzt werde.

Ausnahmen beim Strom

Teil des Verhandlungspakets ist auch ein Stromabkommen mit der EU, das die Netzstabilität und die Versorgungssicherheit gewährleisten soll. In der Konsultation kam von verschiedenen Seiten die Befürchtung auf, dass der Strommarkt als Ganzes liberalisiert werden könnte.

So wird unter anderem von den Sozialpartnern und den parlamentarischen Kommissionen gefordert, dass Haushalte und KMU-Betriebe auch bei einer Marktliberalisierung in der Grundversorgung verbleiben könnten. Der Verband Schweizerischer Elektrizitätsunternehmen hingegen wies darauf hin, dass regulatorische Eingriffe mit grosser Zurückhaltung vorzunehmen seien.

Beim Dossier der Personenfreizügigkeit darf diese aus Sicht der KDK nicht zu einem Missbrauch des Schweizer Sozialsystems führen. Ein unrechtmässiger oder unerwünschter Bezug von Sozialleistungen müsse verhindert werden, verlangte die APK-S.

Abbau beim Service Public befürchtet

Weiter gibt es Kritik zum Landverkehrsabkommen im Bereich der Eisenbahn. Der Taktfahrplan sowie die Tarifintegration im Schienenverkehr müssten erhalten bleiben, hielt die KDK fest. Der Gewerkschaftsbund befürchtet zudem einen Abbau des Service Public.

Die Wirtschaftsverbände betonen die Wichtigkeit eines möglichst ungehinderten Zugangs zum EU-Binnenmarkt. Dabei brauche es die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen, damit Schweizer Produkte ungehindert in die EU exportiert werden könnten. Aufgrund des Fachkräftemangels in gewissen Branchen streichen die Verbände die Aufrechterhaltung der Personenfreizügigkeit hervor.

Die SVP hingegen bezeichnet die Verhandlungen als «Unterwerfungsvertrag». Mit dem angestrebten Abkommen müsste die Schweiz «automatisch» EU-Recht übernehmen und mit dem Europäischen Gerichtshof fremde Richter akzeptieren. Der Parteivorstand sieht die Wohlfahrt der Schweiz gefährdet.

Abkommen schon im Herbst?

Voraussichtlich im März wird der Bundesrat das definitive Verhandlungsmandat verabschieden. Auf der EU-Seite müssen noch die Mitgliedsstaaten dem Mandat zustimmen.

Sobald die Verhandlungen beginnen, werden Gespräche über eine Teilnahme der Schweiz am EU-Forschungsprogramm Horizon gestartet. Das wird sowohl von der KDK als auch von den Wirtschaftsverbänden begrüsst.

Aufseiten der EU wird die Kommission für die Verhandlungen mit dem Bundesrat zuständig sein. Sie hat bereits verkündet, dass sie vor Ende der Legislatur zu einem Abschluss kommen möchte. Die Legislatur dauert bis Herbst 2024.


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