Facebook ohne Kontrolle
Ungefilterter Hass auch in der Schweiz?

Meta schafft in den USA den Faktencheck ab – das kann auch bei uns mehr Falschnachrichten und Hassrede bringen. Der «Beobachter» sagt, warum.
Publiziert: 11.01.2025 um 13:42 Uhr
|
Aktualisiert: 11.01.2025 um 15:36 Uhr
1/5
Meta-CEO Mark Zuckerberg will den Faktencheck bei Facebook und Instagram in den USA abschaffen.
Foto: keystone-sda.ch
Alexander Lüthi
Alexander Lüthi
Beobachter

Der US-Konzern Meta, zu dem Facebook und Instagram gehören, hat diese Woche angekündigt, den Faktencheck in den USA abzuschaffen. Künftig werden Inhalte auf diesen Plattformen nicht mehr von Fachleuten auf ihre Richtigkeit geprüft. Diese Entscheidung fällt kurz vor der Amtsübernahme Donald Trumps, der als Verfechter einer uneingeschränkten Meinungsfreiheit gilt. 

Laut der französischen Nachrichtenagentur AFP plant Meta vorerst keine Abschaffung des Faktenchecks in der EU. Das wäre aufgrund des sogenannten Digital Services Act (DSA) ohnehin schwierig, weil dieser digitale Plattformen verpflichtet, Falschinformationen und illegale Inhalte zu löschen.

Artikel aus dem «Beobachter»

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

Probieren Sie die Mobile-App aus!

Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

Probieren Sie die Mobile-App aus!

«Ich gehe allerdings davon aus, dass Factchecking auch in Europa unter Druck geraten wird», sagt Martin Steiger, Rechtsanwalt und Spezialist für digitales Recht, gegenüber dem «Beobachter»: Derzeit würden auch in der EU Parteien an Einfluss gewinnen, die sich gegen den Faktencheck einsetzen. 

Situation in der Schweiz

Da Meta die Schweiz wie die EU behandelt, ist eine Abschaffung des Faktenchecks hierzulande laut Steiger allerdings unwahrscheinlich. Er betont jedoch, dass sich das jederzeit ändern könne.

Anders als die EU hat die Schweiz kein Gesetz, das die Social-Media-Plattformen reguliert. Ein entsprechendes Projekt hat der Bundesrat im Herbst 2024 auf die lange Bank geschoben. «Nutzerinnen in der Schweiz werden noch auf Jahre keinen wirksamen Schutz bei der Nutzung von Plattformen wie Facebook oder Instagram erhalten», sagt Experte Steiger. 

Gesetzliche Grundlagen reichen nicht

Es ist zwar möglich, bei Persönlichkeitsverletzungen gegen Plattformbetreiber vorzugehen. Doch das ist umständlich und wird selten genutzt. «Viele Nutzer in der Schweiz müssen hilflos zusehen, wenn ihre Konten gesperrt werden oder berechtigte Meldungen von Diskriminierung ignoriert werden», so der Rechtsanwalt.

Neben der Abschaffung des Faktenchecks kündigt Meta auch an, man werde die Moderation der Inhalte einschränken. In Zukunft soll das mehrheitlich durch die Community und nicht von Fachleuten getan werden. Sophie Achermann, Geschäftsführerin der Public Discourse Foundation, ist skeptisch: «Bei X haben wir gesehen, wie sich die Plattform verschlechtert hat, nachdem sie die Moderation heruntergefahren hatte, und wie viel mehr Hassrede es jetzt gibt.» Es sei schwer vorstellbar, dass Meta nicht das gleiche Schicksal erleiden werde. 

Hassrede einschränken

Kritiker von Faktenchecks und Onlinemoderation argumentieren mit Zensur und Einschränkung der Meinungsfreiheit. «Die Meinungsfreiheit hat ihre Grenzen», sagt Achermann. Hassrede sei nicht durch sie geschützt und würde vielmehr die Meinungsfreiheit anderer beschneiden. Um dem effektiv entgegenzuwirken, brauche es unbedingt unabhängige Medien und Plattformen, auf denen ein Diskurs stattfinden kann.

Quellen
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?