Ex-Parteichef in Pole Position für Maurer-Nachfolge
Erste Schwergewichte plädieren für Rösti

Mit Ueli Maurer räumt eine der grossen Figuren der SVP ihren Sessel. Prominente Stimmen votieren für Albert Rösti als neuen Bundesrat.
Publiziert: 02.10.2022 um 00:16 Uhr
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Aktualisiert: 02.10.2022 um 09:59 Uhr
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Ein (Noch-) Bundesrat mit zwei potenziellen Nachfolgern: Finanzminister Ueli Maurer (Mitte) mit der heutigen Regierungsrätin Natalie Rickli und SVP-Nationalrat Albert Rösti 2017.
Camilla Alabor und Simon Marti

Er überlegt es sich also: Albert Rösti (55) gilt vielen in der SVP und im Parlament als Topfavorit für die Nachfolge des abtretenden Bundesrats Ueli Maurer (71). Gestern Mittag erklärte Rösti in der «Samstagsrundschau» von Radio SRF: «Ich mache mir Überlegungen, aber da braucht es Gespräche mit der Partei, mit der Familie. Dann werde ich zu gegebener Zeit entscheiden, ob ich ins Rennen steige.»

Ungeachtet der gewundenen Formulierung ist eines klar: In der SVP geniesst ihr früherer Parteichef grossen Rückhalt.

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Gehen zwei Berner in der Regierung?

Marcel Dettling (41), Vizepräsident und Mitglied der Parteileitung: «Wir werden eine Auswahl sehr guter Leute präsentieren, das ist sicher.» Direkt auf die Personalie angesprochen, sagt Dettling. «Albert Rösti hat bewiesen, dass er sowohl auf Parteilinie politisiert, aber auch mit anderen Parteien tragfähige Lösungen und Kompromisse schmieden kann. Das war während Corona in der Gesundheitspolitik der Fall und genauso in der Energiepolitik.»

Dass im Fall einer Wahl Röstis zwei Berner in der Regierung sässen, wäre unschön, räumt der Schwyzer ein. Ein Hindernis sei es aber nicht. «Letztlich gehören die fähigsten Leute in die Regierung.»

Wahlniederlage ist bei der SVP abgehakt

Vergeben und vergessen scheint auch, dass die SVP unter Rösti bei den letzten Wahlen eine empfindliche Schlappe einfuhr. «Die Wahlniederlage von 2019 trägt ihm niemand nach. Das ist längst abgehakt», sagt Dettling – und trifft damit eigentlich die Stimmung in der grössten Bundeshausfraktion genau.

Allenfalls sorgt man sich dort darum, ob Rösti als Bundesrat die nötige Härte für das Amt mitbringe, um sich gegen die Verwaltung und die Konkurrenz in der Regierung durchzusetzen. Aber sonst? «Mit seiner Erfahrung und Routine ist Albert Rösti unter unseren vielen guten Kandidaten ein sehr guter», meint auch der St. Galler Nationalrat Roland Rino Büchel (56). «Er hat in wichtigen Dossiers bewiesen, dass er über die Fraktionsgrenzen hinweg Mehrheiten findet», betont Nadja Pieren (42), Nationalrätin aus dem Kanton Bern. «Seine Art zu politisieren kommt im Parlament und in der Bevölkerung gut an», sagt Pieren. «Das unterscheidet ihn vom einen oder anderen Marktschreier in der Partei.»

Viele bekannte Namen im Favoritenkreis

Noch aber hat kein Parteifreund, keine Parteifreundin offiziell Interesse an einer Kandidatur angemeldet. Im engeren Favoritenkreis bewegen sich viele prominente Namen der jüngeren SVP-Geschichte. So kann sich der Zürcher Nationalrat Gregor Rutz (49) gute Chancen auf eine Nomination der Fraktion ausrechnen. Von 2001 bis 2008 amtete er erfolgreich als Generalsekretär der Partei, seit nunmehr zehn Jahren politisiert er im Nationalrat.

Dort hat er sich nicht zuletzt mit seiner pointierten Kritik an der SRG einen Namen gemacht. Was ihm in den eigenen Reihen Respekt verschafft, könnte indes seiner Kandidatur im Plenum schaden: Für viele in der Mitte und auf der linken Ratsseite ist die SRG eine heilige Kuh – wer der ans Leder geht, den wählt man nicht in die Regierung.

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Auch Rickli hat nötige Erfahrung

Die häufig eingeforderte Exekutiverfahrung brächte eine ganz sicher mit: Natalie Rickli (45) manövrierte als Regierungsrätin und Chefin der Zürcher Gesundheitsdirektion den grössten Kanton durch die Pandemie. Rickli, die vor ihrer Wahl in Zürich zwölf Jahre im Nationalrat politisierte, gab sich gegenüber SRF betont zurückhaltend: «Ich habe mir bis heute noch gar nie überlegt, für den Bundesrat zu kandidieren, weil ich mich für eine weitere Legislatur als Regierungsrätin bereit erklärt habe. Mein Fokus liegt klar darauf.» Sie müsse sich ohnehin zunächst mit der Partei besprechen. Gelänge Rickli die Kür in Bern, ginge jedoch der zweite SVP-Sitz im Zürcher Regierungsrat verloren, warnen einige in der Kantonalpartei.

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Weitere Kandidaturen sind zumindest denkbar: Jene der St. Galler Nationalrätin Esther Friedli (45) zum Beispiel, die seit drei Jahren in der grossen Kammer sitzt. Auch Friedlis Lebenspartner Toni Brunner (48) wird genannt, Parteipräsident bis 2015. «Die SVP blickt auf das Toggenburg», raunten die CH-Media-Zeitungen gestern vielsagend. Noch ist Brunner aber Mitglied jener Findungskommission, welche die Kandidaturen für die Maurer-Nachfolge sichten soll. Sollten er oder seine Partnerin tatsächlich antreten, müsste er die Kommission verlassen. Offen ist auch, ob SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (43, ZG) nach 2015 einen zweiten Anlauf nimmt, Bundesrat zu werden.

Zwei Favoriten haben sich bereits aus dem Rennen genommen: Der Luzerner Franz Grüter (59) und die Bündner Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (53). Die Kantonalsektionen der Partei haben noch drei Wochen Zeit, Kandidaturen zu melden. Das offizielle Ticket wird die SVP am 18. November präsentieren. Zeit genug für alle Anwärter, es sich noch einmal anders zu überlegen – so oder so.

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