Er drohte Bersets Departement
So setzte Gastro-Platzer den Bundesrat unter Druck

Casimir Platzer war einer der lautesten Kritiker der Corona-Politik des Bundesrats. Nun kommt heraus, mit welchen Mitteln der Gastrosuisse-Präsident versucht hat, seine Interessen durchzusetzen.
Publiziert: 31.07.2021 um 16:13 Uhr
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Gastrosuisse-Präsident Casimir Platzer (r.) hat nicht nur mit Medienkonferenzen versucht, die Interessen seines Verbands durchzusetzen.
Foto: keystone-sda.ch

Die Medienkonferenzen des Bundesrats waren noch am Laufen, da trat schon Casimir Platzer vor die Mikrofone. In einem prunkvollen Saal des Fünfstern-Hotels Bellevue, gleich neben dem Bundeshaus, nahm der Gastrosuisse-Präsident zu den Corona-Entscheiden der Landesregierung Stellung. Zufrieden war er nie – im Gegenteil. «Wir sind bitter enttäuscht», sagte er einmal. Oder: «Wir sind irritiert vom Bundesrat!»

Platzer war in den vergangenen anderthalb Jahren einer der lautesten Kritiker der bundesrätlichen Corona-Politik. Der «Beobachter» konnte nun aufgrund des Mailverkehrs zwischen ihm und dem Innendepartement (EDI) nachzeichnen, wie der oberste Beizer im Land nicht nur vor, sondern auch hinter den Kulissen alle Hebel in Bewegung setzte, um zu bekommen, was er wollte. Die Nachrichten erhielt das Magazin gestützt auf das Öffentlichkeitsgesetz.

Daraus geht hervor, dass Platzer nicht nur mit Medienkonferenzen, offenen Briefen, Umfragen unter Beizern und in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten Druck auf den Bundesrat machte. Der Hotelier und Gastronom aus Kandersteg BE schreckte auch nicht davor zurück, Gesundheitsminister Alain Berset zu drohen.

«Irgendwann werde ich an die Medien gelangen»

«Bei meinem ersten Treffen mit BR Berset am 21. April hatte mich Herr Berset gefragt, ob ich die Konfrontation oder die Kooperation suche», schrieb Platzer am 4. Dezember 2020 an Bersets Generalsekretär, Lukas Gresch. «Wir hatten uns dann auf ein kooperatives Vorgehen geeinigt, aber leider vermisse ich das immer noch. Das ist in meinen Worten ‹einfach nur schwach›. Irgendwann werde ich damit an die Medien gelangen.»

Platzer lobbyiert auch im Parlament. Der Druck auf den Bundesrat scheint insofern zu wirken, als dass Bersets Innendepartement im Frühling plötzlich beim Gastro-Präsidenten anklopft und vorsondiert. Der Generalsekretär fragt per Mail, was Platzer von einer Öffnung der Restaurantterrassen halte. Platzer spricht sich laut «Beobachter» dagegen aus. Kurz darauf kehrt der Wind, und Gastrosuisse weibelt selbst für offene Terrassen über Ostern. Nun winkt das Innendepartement ab.

Platzer erhielt vertrauliche Informationen

Aus den Unterlagen geht zudem hervor, dass Platzer mindestens in einem Fall vom Bund vorinformiert worden ist, was an der Bundesratssitzung entschieden werden soll. Der «Beobachter» zitiert aus einem Mail an Vertreter des EDI und des Bundesamts für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen. Platzer bedankt sich darin ausdrücklich «für das zielführende Gespräch und die vertraulichen Informationen zu den Anträgen für die Bundesratssitzung von morgen».

Solche Anträge sind eigentlich geheim; der Bundesrat hat wegen Leaks sogar Strafanzeige eingereicht. Das EDI teilt auf Nachfrage des «Beobachters» mit, die vertrauliche Vorabinformation von Branchenverbänden sei im Covid-Gesetz vorgesehen. Das sei nicht zu vergleichen mit der Weitergabe vertraulicher Bundesratsgeschäfte an die Medien.

Ausnahmsweise zufrieden

Inzwischen ist es ruhig geworden um Casimir Platzer. Im Juni hat sich sein Verband zuletzt zu den Corona-Massnahmen geäussert. Für einmal war der oberste Beizer zufrieden mit dem Regierungsentscheid – und schrieb die Lockerungen gleich sich selbst zu: «Wir hatten aufgezeigt, dass strengere Massnahmen als im letzten Sommer nicht verhältnismässige wären», sagte Platzer. «Der Bundesrat hat uns gehört, und das freut uns ausserordentlich.»

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