Empfehlung zurückgezogen
Wirrwarr um Vitamin D und Corona

Rückzieher bei der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung. Sie distanziert sich von ihrer eigenen Empfehlung, mit Vitamin D gegen Corona vorzusorgen. Das Papier sei falsch interpretiert worden.
Publiziert: 06.11.2020 um 19:26 Uhr
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Aktualisiert: 18.02.2021 um 17:03 Uhr
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Helfen Nährstoffe wie Vitamin D, Zink oder Selen dabei, dass eine Corona-Infektion weniger schwer verläuft?
Foto: imago images/Jochen Tack

Es gilt als das «Wunder von Elgg»: Im Pflegeheim Eulachtal in Elgg ZH infizierten sich unter anderem 25 Hochbetagte mit Corona – und keine einzige Person ist gestorben! Geklärt sind die Gründe dafür nicht. Eine Theorie ist allerdings, dass das Vitamin D geholfen habe, welches die Bewohner verabreicht erhielten.

Denn einige Studien deuten darauf hin: Nährstoffe wie Vitamin D, Zink oder Selen könnten dabei helfen, dass eine Corona-Infektion weniger schwer verläuft. Und auch die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) hat kürzlich ein entsprechendes Papier eines Expertengremiums veröffentlicht. Denn Herr und Frau Schweizer haben oft tiefe Level dieser Mirkonährstoffe – daher sollten Bundes- und Gesundheitsbehörden in Betracht ziehen, deren Einnahme zu empfehlen.

Skeptische Taskforce

Bei der wissenschaftlichen Corona-Taskforce des Bundes löste das nur Kopfschütteln aus. Zwar seien die Mikronährstoffe grundsätzlich fürs Immunsystem und damit für die Infektionsanfälligkeit wichtig – der Zusammenhang zu Corona sei aber fraglich, so verschiedene Mitglieder.

Und jetzt schwenkt die SGE plötzlich um: Sie hat das Papier von der Webseite entfernt. Stattdessen ist eine Berichtigung veröffentlicht: Sollte durch das Dokument «fälschlicherweise der Eindruck entstanden sein, dass die SGE Nahrungsergänzungsmittel für alle empfiehlt, dann entschuldigen wir uns dafür.» Die SGE distanziere sich «in aller Klarheit» von entsprechenden Aussagen – denn es seien weitere Studien notwendig.

«Falsch verstanden»

Hat sich die SGE dem Druck gebeugt? Die Leiterin Esther Jost sagt, das Dokument sei falsch interpretiert worden, «der Fokus war zu stark auf der Nahrungsmittelergänzung.» Jost betont, dass dies der Grund für den Rückzug sei – und nicht die Reaktion der Taskforce oder der Behörden.

Für Jost ist die richtige Hauptaussage, «dass eine ausgewogene Ernährung die beste Basis für ein gut funktionierendes Immunsystem ist». Das Papier sei für einen wissenschaftlichen Kreis gedacht gewesen, nicht für breite Öffentlichkeit. «Wir machen uns Sorgen, dass die Bevölkerung nun verunsichert ist», begründet Jost die Kehrtwende. Die SGE sei der falsche Absender für eine entsprechende Empfehlung.

Rückzug ist «unschön»

Doch inzwischen hat das Thema längst die politische Ebene erreicht. So hakt der Berner SVP-Nationalrat Lars Guggisberg (43) bereits via Vorstoss im Parlament nach, wie der Bundesrat denn zur Vitamin-D-Frage stehe. Und fragt, «ob die Covid-Taskforce genügend unvoreingenommen» sei.

Dass die SGE nun umschwenkte, sei «zwar unschön», so Guggisberg zu BLICK. Doch letztlich spielt es für ihn keine Rolle, woher ein Input kommt. Wichtig sei es, alles zu untersuchen, was bei der Bekämpfung von Corona helfen könne. «Es besteht genügend Evidenz, dass Vitamin D das Immunsystem stärkt», ist er überzeugt.


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