Die Gesundheitskosten in der Schweiz explodieren. Seit Jahren. Gleichzeitig kämpfen Spitäler immer wieder mit Finanzproblemen. Bisher aber sind zahlreiche Versuche der Politik gescheitert, das Steuer herumzureissen. Nun häufen sich im Bundesparlament die Vorstösse mit dem Ruf nach einer zentraler gelenkten Schweizer Spitalplanung. Hintergrund sind Schlagzeilen wie etwa jene zum Stellenabbau bei der Berner Insel-Spitalgruppe, zur öffentlichen Finanzspritze fürs Kantonsspital Aarau und zum Baustopp beim Spital Wetzikon ZH.
Schon rund 15 Vorstösse mit dieser Stossrichtung sind hängig, wie ein Blick auf die Webseite des Parlaments zeigt. So will etwa die Basler SP-Nationalrätin Sarah Wyss (35) den Bundesrat mit einem Postulat beauftragen, Vorschläge für eine «bessere zeitgemässe interkantonale Spitalplanung» auszuarbeiten.
Zusammenschlüsse sollen gefördert werden
Auch Jörg Mäder (48, GLP, nicht mehr im Rat) und Melanie Mettler (46, GLP) fordern mit einer Motion, der Bundesrat solle zusammen mit den Kantonen eine «intelligente Spitalplanung» ausarbeiten. Bei komplexeren und selteneren Situationen sei eine Zusammenarbeit auch für grössere Kantone zwingend.
Die Mitte-Fraktion will vom Bundesrat interkantonale Versorgungsregionen abgeklärt haben. Und Andri Silberschmidt (30, FDP) regt ein zeitlich befristetes Impulsprogramm zur Förderung von Spitalzusammenschlüssen in der Schweiz an. Letztlich aber würde das auch bedeuten, dass voraussichtlich weitere Spitäler ihre Türen schliessen müssten.
In Antworten auf die Vorstösse schreibt der Bundesrat, auch er sehe noch Verbesserungspotenzial. Seit 2022 hätten aber die Kantone die Pflicht, bei der Spitalplanung das Potenzial der Konzentration von Leistungen nicht nur auf kantonaler Ebene, sondern auch über die Kantonsgrenzen hinaus zu beachten.
Nun sei abzuwarten, ob sich diese Verordnungsänderung auswirke. Die Gesundheitsversorgung und damit die Spitalplanung ist heute Sache der Kantone.
Kantone zeigen sich skeptisch
Auf Anfrage zeigt sich die Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektorinnen und -direktoren (GDK) skeptisch gegenüber einer Kompetenzverlagerung bei der Spitalplanung. «Zentral gelenkte Gesundheitssysteme sind nicht per se leistungsfähiger und auch nicht billiger», schreibt die GDK in einer Stellungnahme.
Während der Corona-Pandemie habe sich das Schweizer Pflegeangebot bewährt. Zudem müsse sich die Spitalplanung an den Bedürfnissen der Menschen in den Kantonen ausrichten. Der Bund sei weiter weg von diesen Bedürfnissen als die Kantone.
Kantonsübergreifende Kooperationen gebe es bereits, so etwa zwischen den beiden Basel und zwischen St. Gallen und den beiden Appenzell sowie zwischen der Waadt und dem Wallis. Zu beachten sei auch, dass nicht die Spitalkosten die allgemeinen Gesundheitskosten in die Höhe trieben.
Auch Spitalverband wehrt sich gegen Zentralisierung
Auch der Dachverband der privaten und öffentlichen Spitäler in der Schweiz «H+» ist gegen eine zentrale Steuerung der Spitalplanung durch den Bund. Eine zentrale Steuerung würde das System schwer und ineffizient machen, sagte H+-Direktorin Anne-Geneviève Bütikofer auf Anfrage.
Um eine gute Spitalversorgung in den Regionen zu gewährleisten, brauche es eine enge Zusammenarbeit zwischen den Kantonen, aber auch mit den Leistungserbringern. Bütikofer weist ebenfalls auf bereits bestehende Kooperationen hin, so etwa auf jene des Kantonsspitals Uri mit jenem von Luzern oder auf das Interkantonale Spital der Broye in Payerne VD/Estavayer-le-Lac FR.
Schon seit längerer Zeit verändert sich die Spitallandschaft der Schweiz. So sank die Zahl der Allgemeinspitäler in den vergangenen 25 Jahren von 200 auf 100. Laut dem jährlichen Spitäler-Kennzahlen-Bericht des Bundesamtes für Gesundheit gab es 2022 in der Schweiz insgesamt 263 Spitäler und 13 Geburtshäuser.
44 davon waren öffentliche Betriebe, die sich um 40 Prozent der Hospitalisationen kümmerten. Sie wiesen insgesamt 38'000 Betten auf. Etwa 1,5 Millionen Patientinnen und Patienten pro Jahr suchen für eine Behandlung ein Schweizer Spital auf.