Das Geld trifft immer am Ersten des Monats ein. 1200 Euro erhält Dominic Schiffer (26) monatlich. Einfach so, ohne dass er dafür auch nur eine Stunde gearbeitet hätte. Der Rettungssanitäter kann damit tun, was immer er will. Ausgeben, an- oder auf die Seite legen.
Das ist das Prinzip des bedingungslosen Grundeinkommens. Schiffer ist einer von 122 Personen, die in Deutschland seit gut einem Jahr mit einem solchen leben. Es handelt sich um ein Pilotprojekt, das die Nichtregierungsorganisation Mein Grundeinkommen in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung durchführt. Die Studie läuft drei Jahre.
Zürich stimmt ab
Ein ähnliches Pilotprojekt soll bald auch in der Stadt Zürich durchgeführt werden – jedenfalls, wenn die Zürcher Stimmbevölkerung am 25. September zu grünes Licht gibt. Im Gegensatz zur deutschen Studie würde das bedingungslose Grundeinkommen in Zürich nicht durch eine private Organisation, sondern die öffentliche Hand bezahlt. Es gehe darum, auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln, erklärte Silvan Groher (47), Geschäftsführer des Vereins Grundeinkommen, gegenüber Blick.
Auf nationaler Ebene hat sich das Stimmvolk schon einmal sehr deutlich gegen die Einführung eines Grundeinkommens ausgesprochen. Trotz der Schlappe vor sechs Jahren läuft derzeit aber die Unterschriftensammlung für eine zweite Volksinitiative mit ähnlichem Ziel.
«Ich bin viel entspannter»
Dominic Schiffer sagt aus eigener Erfahrung: «Das Grundeinkommen ist eine gute Sache.» Er lebt in der hessischen Kleinstadt Waldeck, knapp 200 Kilometer östlich von Düsseldorf. «Vom Grundeinkommen-Projekt hatte ich im Radio gehört, als ich nach der Arbeit auf dem Heimweg war», erzählt er. Schiffer war sofort interessiert. Er meldete sich an und wurde schliesslich für die Studie ausgewählt.
Die 1200 Euro Grundeinkommen hätten sein Leben nicht vollkommen umgekrempelt, sagt er. Verändert aber schon. «Ich bin viel entspannter», erzählt er. Das Geld gebe ihm Sicherheit – das befreie und motiviere ihn. «Jetzt muss ich nicht mehr so viel arbeiten, sondern ich kann.»
Ganz im Gegenteil zum Klischee, dass ein Grundeinkommen faul macht, arbeitet Schiffer seither nicht weniger, sondern mehr. Neben der 100-Prozent-Stelle als Rettungssanitäter hat Schiffer noch einen 450-Euro-Nebenjob und ist seit Neustem freiberuflich als Finanzberater tätig. Etwa 2800 Euro verdient er so monatlich. Dazu kommt das Grundeinkommen.
Mehr in die Ferien
«Allein das Grundeinkommen würde nicht zum Leben reichen», sagt er. Aber es ermöglicht, was er sich vorher nicht so einfach leisten konnte. «Ferien waren vorher nur bedingt möglich. Ich habe das ganze Jahr für eine Pauschalreise gespart. Das Grundeinkommen ermöglicht mir, auch mal spontan für ein paar Tage wegzufahren.» Und das, merke er, diene seiner psychischen und körperlichen Erholung. «Ausserdem konnte ich mit dem Geld einen Kredit abbezahlen und lege jetzt jeden Monat etwas auf die Seite.»
Allerdings sieht Schiffer auch Schattenseiten. «Auf der Arbeit wissen sie, dass ich ein Grundeinkommen erhalte. Als ich eine Lohnerhöhung gefordert habe, hiess es, was mir eigentlich einfallen würde, ich würde ja schon genug Geld bekommen», erzählt er. «Damit habe ich nicht gerechnet.»
Doch aus seiner Sicht überwiegen die Vorteile – und er glaubt, dass ein bedingungsloses Grundeinkommen auch für die Schweiz eine Chance ist. Er ist überzeugt: Ein Grundeinkommen für alle hat ein positiver Effekt – «auf die Menschen und die Wirtschaft».