Digitalisierung des Gesundheitswesens
Selbst Berset hat kein elektronisches Patientendossier

Gesundheitsminister Alain Berset will das elektronische Patientendossier massiv stärken. Er hat dazu eine Offensive gestartet. Nur: Sogar der Bundespräsident hat selber noch keines.
Publiziert: 07.08.2023 um 12:11 Uhr
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Die Hürde ist hoch: Gesundheitsminister Alain Berset hat selber noch kein digitales Patientendossier.
Foto: keystone-sda.ch

Kurz vor seinem Abgang hat Gesundheitsminister Alain Berset (51) noch mal ein heisses Eisen angefasst. Er schickt die Revision des elektronischen Patientendossiers (EPD) in die Vernehmlassung. Denn: Das EPD soll zu einem Pfeiler im Gesundheitswesen werden. Hauptziel: Es soll den digitalen Austausch zwischen Medizinern fördern – etwa zwischen Hausarzt, Spezialistin und Spital.

Bisher ist die digitale Krankenakte – neben dem Faxgerät – allerdings erst zum Symbol dafür geworden, wie es bei der Digitalisierung im Gesundheitswesen harzt. Bis Mai 2023 wurden gerade mal etwas mehr als 20'000 Dossiers eröffnet. Mehr als 99 Prozent der Bevölkerung haben darauf verzichtet.

Berset will «öffentlichkeitswirksam» ein EPD eröffnen

Jetzt kommt aus: Selbst Gesundheitsminister Alain Berset hat noch kein EPD, wie die Tamedia-Zeitungen schreiben. Schreckt er vor dem komplizierten Eröffnungsprozedere zurück? Oder misstraut er der Datensicherheit?

«Bundespräsident Berset plant, dann ein Patientendossier zu eröffnen, wenn er dies öffentlichkeitswirksam tun kann», wird seine Sprecherin zitiert. Voraussichtlich werde dies der Fall sein, wenn sich das EPD schweizweit einfacher online eröffnen lasse.

Bislang ist das EPD nämlich ein Flop. Nicht nur die Patienten, auch die Spitäler und Pflegeheime nutzen es kaum. Gerade mal 44 Prozent aller Spitäler und 33 Prozent der Pflegeheime sind angeschlossen – obwohl sie gemäss Gesetz dabei sein müssten. Doch es gibt keine Sanktionen und offenbar auch nur wenig Anreize, um dabei zu sein.

Kompliziert und aufwendig

Kommt hinzu: Es ist derzeit noch sehr kompliziert und aufwendig, ein EPD zu eröffnen. Nicht weniger als sieben Anbieter bieten ein solches an. Einzig Westschweizer und Tessiner Kundinnen und Kunden würden zum Anbieter ihres Kantons gelockt. Deutschschweizerinnen und Deutschschweizer müssten es auf gut Glück irgendwo versuchen, schreiben die Tamedia-Zeitungen.

Künftig soll die Bevölkerung automatisch eine Akte bekommen. Wer keine will, muss beim Kanton innerhalb von drei Monaten Widerspruch einlegen. Der Kanton wird dann auch entscheiden, welcher Anbieter die Dossiers eröffnen soll. (oco)

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