Da waren die Finger schneller als der Kopf: Marco Kiefer, ein FDP-Lokalpolitiker aus der Stadt Zürich, hat am Wochenende mit einem kritischen Tweet über die Corona-Massnahmen der Behörden einen Sturm der Entrüstung ausgelöst.
Die Welt habe «zu viele übergewichtige, zu viele kranke Menschen, zu viele Menschen mit zu schwachen Immunsystemen, zu viele Hochbetagte», schrieb Kiefer, der Mitglied einer Kreisschulbehörde ist. «Corona bereinigt das jetzt.» Und er stellte die Frage in den Raum: «Ist das wirklich so schlimm, und müssen wir die auf Teufel komm raus alle ‹gesund› päppeln und am Leben erhalten?»
Wie «20 Minuten» berichtet, hat Kiefer die Mitteilung aufgrund der heftigen Reaktionen rasch gelöscht und sich tags darauf für den «menschenverachtenden Tweet» entschuldigt. «Ich möchte nicht Teil des Problems sein, sondern auch zur Lösung der Pandemie beitragen», schreibt er. Gegenüber «20 Minuten» wollte er sich nicht weiter äussern. BLICK konnte ihn nicht erreichen. Inzwischen hat Kiefer seinen Account gelöscht.
Einsicht sieht anders aus
Angesichts seiner weiteren Aussagen werden gewisse Zweifel laut, wie reumütig der Lokalpolitiker wirklich ist – oder ob er mit seiner Entschuldigung vor allem den Shitstorm stoppen wollte. So fügt der FDPler an seine Entschuldigung an, dass jeder und jede nach neun Monaten Pandemie «ein bisschen dünnhäutig und aggressiv geworden» sei. Damit liefert er keine Begründung für seinen Ausrutscher, sondern sucht die Schuld bei den anderen, die auf seinen Tweet reagiert hatten.
Zudem schreibt Kiefer, er hoffe, dass die «Hetzjagd» auf ihn nun aufhöre und die Screenshots seines Tweets gelöscht würden.
FDP hat Verfahren eingeleitet
So schnell ist die Sache allerdings nicht gegessen. Der Tweet verstosse gegen zentrale Werte der Partei», wird Severin Pflüger (42), Präsident der Stadtzürcher FDP, von «20 Minuten» zitiert. Die Parteileitung habe Kiefer aufgefordert, sein Amt niederzulegen und aus der Partei auszutreten, sagt er auf Anfrage von BLICK. «Ich gehe davon aus, dass er das tun wird.»
Der kritisierte FDP-Mann äussert sich nicht zum ersten Mal öffentlich sehr kritisch gegenüber der Corona-Politik von Bund und Kantonen – und stellt auch infrage, ob die Leben älterer Menschen es wert sind, mit allen Mitteln geschützt zu werden. So schrieb er Ende Jahr, dass er es nie für möglich gehalten hätte, dass «für knapp über 500 Todesfälle» unter 70 Jahren ganze Wirtschaftsbranchen «in Schutt und Asche» gelegt würden. Die 5824 Todesopfer über 70 Jahre, welche die Schweiz zu diesem Zeitpunkt zu beklagen hatte, erwähnte er nicht. (lha)