Der Kanton Bern handelt spät, aber hart: Ab Montag gilt in allen öffentlichen Innenräumen eine Maskenpflicht. Einkaufsläden, Kinos, Museen, Kirchen und Bahnhofsperrons dürfen nur noch mit Mundschutz betreten werden. Ausgenommen von der neuen Corona-Regel sind Schulen, Fitness-Studios und die Schalterhallen von Banken.
In den Berner Beizen halten hingegen italienische Zustände Einzug: Gäste müssen eine Maske tragen, sobald sie nicht am Tisch sitzen. Zudem beschränkt die Regierung die Besucherzahlen auf 300 Personen.
Bern wartete – bis vor dem Wintereinbruch
Das neue Corona-Regime erstaunt insofern, als dass die Berner zuvor lange gezögert hatten. «Wir haben für den Ernstfall nur eine begrenzte Palette an Massnahmen zur Verfügung», erklärte Gesundheitsdirektor Pierre Alain Schnegg (57, SVP) am Mittwoch. Er sprach von einem erzieherischen Effekt: «Wir haben bewusst den Zeitpunkt vor dem Wintereinbruch ausgesucht, um nochmals ein Signal an die Bevölkerung zu senden.»
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Das Signal kommt zur rechten Zeit. Nachdem das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag 700 Neuinfektionen gemeldet hatte, stieg die Zahl der Infizierten am Mittwoch enorm an: 1077 Neuansteckungen – so viel wie letztmals Ende März, mitten im Lockdown. Und den Effekt der seit einer Woche wieder zugelassenen Grossveranstaltungen zeigen die Zahlen noch nicht.
Das Ausland reagiert
Die Schweiz ist mit der Entwicklung nicht allein – die Infektionen steigen überall. Doch das Ausland reagiert. Italien greift zur landesweiten Maskenpflicht, die auch im Freien gilt. Deutschland beschränkt die Mobilität – wer in einem deutschen Corona-Gebiet lebt, soll ausserhalb der Region nicht mehr in einem Hotel übernachten dürfen.
In der Schweiz herrscht weiterhin Kantönligeist – auch wenn nun die Hälfte der Kantone über dem Grenzwert liegt, mit dem der Bund Risikogebiete im Ausland definiert: 14 Kantone verzeichnen mehr als 60 Ansteckungen pro 100'000 Personen innert zwei Wochen.
Nicht alle Corona-Kantone sehen Handlungsbedarf
Für diesen Fall hat die Gesundheitsdirektorenkonferenz (GDK) Empfehlungen herausgegeben. Sie rät Problem-Kantonen, ihr Regime zu verschärfen und die Maskenpflicht auf Läden und öffentlich zugängliche Innenräume auszuweiten. Mit Bern und Zug, das die Maske beim Posten ebenfalls für obligatorisch erklärte, kommen nun neun der stark betroffenen Kantone den Empfehlungen nach.
Schwyz, Nidwalden und die beiden Appenzell hingegen wollen ihren Einwohnern keine Maske aufbrummen. So schreiben die Nidwaldner, dass ein Grossteil der Neuinfektionen auf «zwei kurz aufeinanderfolgende Cluster bei privat organisierten Anlässen zurückzuführen» seien. Die betroffenen Personen seien in Isolation, man hoffe, die Lage beruhige sich wieder.
Schwyz schreibt: «Es gibt im Moment keine Anzeichen, dass beim Einkaufen in Läden eine erhöhte Ansteckungsgefahr besteht.» Man sehe deshalb von einem Mundschutz-Obligatorium in Läden ab.
Können wir Corona?
Die GDK kann das nur zur Kenntnis nehmen. Ein stärkeres Instrument als Empfehlungen hat sie nicht zur Hand. Ihr Vorstand appellierte nochmals an die betroffenen Kantone, strengere Massnahmen zu ergreifen. Die Lage sei «instabil».
Auch Epidemiologen warnen vor einer zweiten Welle, verschiedenenorts ertönt der Ruf nach der starken Hand des Bundes. Doch der will nicht. Da die Verantwortung seit Juni bei den Kantonen liege, habe der Bundesrat nichts zu entscheiden gehabt.
Im Mai sagte Gesundheitsminister Alain Berset (48): «Wir können Corona.» Steigen die Zahlen weiter, dürfte er das überdenken.
Wie viele Corona-Neuinfektionen gibt es in der Schweiz? Die täglichen Fallzahlen des BAG gibt es laufend im Statistik-Ticker auf BLICK.
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