Freie Fahrt auf Schweizer Pisten! Die Bündner Regierung will die Skilifte laufen lassen. Dies, obwohl die Lage in den Spitälern äusserst angespannt ist. Im Kantonsspital Chur sind derzeit 13 von 16 Intensivbetten belegt. In Samedan drei von sechs.
Normalerweise seien die Intensivstationen im Winter ohnehin sehr stark ausgelastet, erklärt der Leiter des Kantonsspitals Arnold Bachmann. Wegen der vielen Covid-19-Patienten drohe nun der Kollaps. «Rein mathematisch ist klar: Es wird zu einer Überbelegungssituation kommen», sagt Bachmann.
Dann sei das Spital darauf angewiesen, Patienten in andere Kantone verlegen zu können. «Die Rega hat ja den Auftrag des Bundesrats, für den Ausgleich auf den Intensivstationen zu sorgen – und wir vertrauen darauf, dass das gut kommt», meint der Spitalchef.
Schlitteln ist auch gefährlich
Die anderen sollen also den Mist auskarren. Die Bündner Regierung sieht keinen Grund, die Skipisten zu schliessen. «Die Menschen kommen auch zu uns in die Ferien, wenn die Skigebiete geschlossen sind», sagt Volkswirtschaftsdirektor Marcus Caduff (47, CVP). «Die meisten würden einfach auf Schlitteln oder Skitouren ausweichen – und dort genauso verunfallen.»
Ab kommendem Dienstag müssen die Kantone den Skigebieten den Betrieb offiziell bewilligen. Bis dahin will Graubünden auch den Beizen-Lockdown verlängern. Allerdings mit dem Ziel: Bereits in einer Woche sollen die Restaurants wieder bis 23 Uhr Gäste bedienen.
Wenig Verständnis dafür hat SP-Nationalrat Jon Pult (36). «Es wäre viel klüger, wir würden die Restaurants ganz und länger schliessen – und dafür voll entschädigen», sagt er. So könnte man die Ansteckungen reduzieren und Existenzen sichern. Falls es in den Spitälern zu Engpässen komme, gelte das auch für Skigebiete, so Pult.
Zürcher Ärzte schlagen Alarm
Auch den grossen Zürcher Spitälern wäre eine Schliessung lieber. An einer Medienkonferenz haben ihre Direktoren den Ernst der Lage aufgezeigt. Müsse man nebst Corona-Patienten noch schwere Skiunfälle behandeln, die die Rega nach Zürich bringt, komme man an die Kapazitätsgrenzen, so Unispital-Chef Gregor Zünd.
Zudem würden sich in den Skiferien viele Menschen anstecken – was im Januar eine dritte Corona-Welle zur Folge haben dürfte. Für Rolf Zehnder, Direktor des Kantonsspitals Winterthur: «Jetzt Ski zu fahren, kommt für mich nicht in Frage.»
St. Gallen bleibt zu
Nur St. Gallen scheint auf die Warnungen zu hören. Es will die Skilifte über Weihnachten abstellen. Der definitive Entscheid steht noch aus, doch Regierungspräsident Bruno Damann (63, CVP) macht klar: «Die epidemiologische Lage lässt eine Öffnung der Skigebiete nicht zu.»
In Bern geht man derweil davon aus, dass die Pisten offen bleiben. Und das, obwohl die Zahlen wieder steigen. «Wenn die Covid-19-Fälle über Weihnachten noch zunehmen, wird es sehr eng», warnt Urs Gehrig, Direktor des Spitals in Interlaken.
Eine Überlastung befürchtet auch der Chef des Walliser Kantonsspitals, Eric Bonvin. Mehr als das aktuelle Mittel sei nicht mehr verkraftbar, sagt er zu «Le Nouvelliste».
Die Walliser Regierung hat noch nicht kommuniziert, ob die Skigebiete offen haben dürfen. Eine Mitteilung zeigt aber: Man teilt die Sorge der Spitaldirektoren kaum, sondern der Staatsrat sagt, all diejenigen bekämen eine Ski-Tageskarte, die im Sommer während der «Tage der offenen Weinkeller» mindestens zwölf Flaschen Wein gekauft haben. 18'000 Personen schickt das Wallis so auf die Piste.
Die Tourismuskantone wollen sich die Skisaison nicht vermiesen lassen. Denn schliesslich gilt für Weihnachtsfeiertage: Süsser die Kassen nie klingeln.