Debatte im Bundesrat
Nemo als Booster für das dritte Geschlecht

Noch 2022 war der Bundesrat gegen mehr als den Eintrag «Mann» oder «Frau» im Personenstandsregister. Aber auch die Politik kann sich Nemos Charme nicht entziehen.
Publiziert: 19.05.2024 um 11:39 Uhr
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Nemo hat mit dem Sieg am diesjährigen ESC Schweizer Musikgeschichte geschrieben.
Foto: Keystone
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Die Gunst der Stunde ist ein entscheidender Faktor – besonders in der Politik. Noch 2022 schrieb der Bundesrat das binäre Geschlechterbild fest und erteilte der amtlichen Einführung eines dritten Geschlechts eine Absage. «Die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Einführung eines dritten Geschlechts oder für einen generellen Verzicht auf den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister sind derzeit nicht gegeben», teilte das Bundesamt für Justiz (BJ) mit. Damals war Karin Keller-Sutter (60) EJPD-Vorsteherin. Ihr Nach-Nachfolger Beat Jans (59) ist für LGBTQ-Anliegen deutlich offener.

Bundesamt für Justiz sucht das Gespräch

Am 29. April – also vor Nemos Sieg beim Eurovision Song Contest in Malmö – lud das BJ eine Begleitgruppe zur Sitzung nach Bern. «Das gegenseitige Kennenlernen und ein erster Informationsaustausch standen im Vordergrund», teilt das Bundesamt mit. «Die Mitglieder haben erste Eingaben über Themengebiete gemacht, in denen aus ihrer Sicht Handlungsbedarf besteht.» Darunter war die Frage: Was kann der Bund tun, um Menschen gerecht zu werden, die sich weder als Frau noch als Mann sehen?

Nemos ESC-Sieg wirkt nun wie ein Booster für den dritten Geschlechtseintrag. Laut Transgender Network Switzerland leben in der Schweiz mehrere 10'000, wenn nicht 100'000 Non-Binäre – darunter auch Nemo. Der ESC-Star setzt sich für einen dritten Geschlechtseintrag in der Schweiz ein und erklärte, er freue sich auf einen baldigen Kaffee mit Justizminister Beat Jans. Einen Termin gebe es aber noch nicht, teilt das EJPD mit.

Anna Rosenwasser mischt das Bundeshaus auf

Die Chancen für einen dritten Geschlechtseintrag stehen nun deutlich besser als noch 2022. Das hat auch mit den Wahlen im vergangenen Herbst und einer neuen Generation zu tun, die das Bundeshaus aufmischt – allen voran SP-Nationalrätin Anna Rosenwasser (34). Die queere Aktivistin begrüsst ihre Kollegen dort zum Teil mit der Anrede: «Sehr geehrte Damen bis Herren.»

Non-binär in der Schweiz: Das gilt hierzulande

Im Gespräch mit Blick fordert Rosenwasser nun: «Bundesrat Beat Jans muss die Existenz non-binärer Menschen anerkennen und die Möglichkeit eines dritten Geschlechtseintrags neu überprüfen. So wie ich ihn bisher kennengelernt habe, traue ich ihm das auch zu.» Auch wenn viele das Thema drittes Geschlecht erst durch Nemo kennenlernten: «Non-binäre Menschen haben schon immer existiert. Dieser Realität müssen wir Rechnung tragen. Das sagt auch die Ethikkommission des Bundes», so die Neo-Nationalrätin.

Amherd zeigt sich offen

Offen für das Thema zeigt sich auch Bundespräsidentin Viola Amherd (61). Bei einer Medienkonferenz in Berlin kündigte sie an, der Bundesrat werde sich mit der Frage erneut befassen.

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