Die Baselbieter Regierung fordert vom Bundesrat eine Exit-Strategie. Die Landesregierung solle darauf hinarbeiten, dass bis Ende Juni 2022 sämtliche Massnahmen aufgehoben werden können, fordert der Kanton in seiner Stellungnahme an den Bundesrat. Und: Schon Ende März soll die Zertifikatspflicht fallen, so der Wille der Baselbieter.
Bereits bei der letzten Konsultation im Dezember war der Kanton mit seiner Haltung zur Corona-Politik des Bundes herausgestochen. Damals sprach sich der Regierungsrat gegen Massnahmen-Verschärfungen aus – während die Kantone rundherum dringenden Handlungsbedarf sahen.
Und nun prescht Baselland wieder vor. Bis heute Morgen hatten die Kantone Zeit, ihre Meinung zu den Plänen und Vorschlägen des Bundesrats abzugeben. Blick liegen die Stellungnahmen von gut der Hälfte der Kantone vor. Die Ergebnisse der Konsultation in der Übersicht:
- Verlängerung der Massnahmen bis Ende März: Der Bundesrat will Homeoffice-Pflicht, 2G beziehungsweise 2G+ sowie die weiteren Corona-Massnahmen bis Ende März verlängern. Das stösst in zahlreichen Kantonen auf Ablehnung. Schaffhausen, Baselland, Zug, Genf, St. Gallen, Thurgau und die beiden Appenzell fordern lediglich eine Befristung bis Ende Februar. Sobald die Welle abflache, solle gelockert werden, so die Ostschweizer Kantone. Auch der Kanton Wallis wäre offen für eine Lockerung auf Anfang März, sofern es die Corona-Lage zulässt. Die Gesundheitskommission des Nationalrats hatte ebenfalls eine Verlängerung der Massnahmen nur bis Februar gefordert. Egal ob bis Februar oder März: Die Kantone halten fest, dass sie vom Bund eine regelmässige Neubeurteilung der Lage erwarten und eine Lockerung der Massnahmen, sobald das möglich ist.
- Gültigkeitsdauer der Zertifikate verkürzen: Die Zertifikate von Geimpften sollen nur noch 270 Tage gültig sein, jene von Genesenen ebenfalls. Damit will die Schweiz die Gültigkeitsdauer der Zertifikate den EU-Regeln angleichen. Die Kantone befürworten diese Anpassung grundsätzlich. Nidwalden ist allerdings nur einverstanden, wenn es wirklich nötig ist. Zudem regt der Kanton ein Schweizer Zertifikat an, das weiterhin 365 Tage gültig ist. Obwalden wiederum merkt an, dass die Genesenen-Zertifikate konsequenterweise nur noch 180 Tage und nicht 270 Tage gültig sein sollten – so, wie das in der EU der Fall ist.
Kantone sehen Quarantäne-Abschaffung eher kritisch
Nebst diesen beiden konkreten Vorhaben hat der Bundesrat den Kantonen zudem ein Potpourri an weiteren Verschärfungen, aber auch Lockerungen vorgelegt, zu denen sie Position beziehen sollen:
- Quarantäne und Isolation abschaffen? Eben erst hat der Bundesrat die Dauer von Quarantäne und Isolation auf fünf Tage halbiert. Nun stellt er zur Diskussion, die Quarantäne- und/oder Isolationsanordnungen ganz abzuschaffen und aufs Prinzip Eigenverantwortung zu setzen. Damit stösst er bei mehreren Kantonen auf offene Ohren. Baselland, Wallis, Genf, Aargau und Luzern beispielsweise sprechen sich für eine Selbstquarantäne aus, der Aargau auch für eine Selbstisolation. «Tendenziell werden sich nur noch symptomatische und damit kranke Personen testen lassen, die, je nach Regelung des Arbeitgebers, sowieso nach einer bestimmten Zeit ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis brauchen. Die Bedeutung der Isolationsverfügung wird damit hinfällig», findet der Aargauer Regierungsrat. Auch die Obwaldner Regierung könnte sich eine Abschaffung der behördlich angeordneten Quarantäne und Isolation vorstellen – allerdings nur, wenn es trotzdem eine «klare gesetzliche Bestimmung und Kommunikation» zu Quarantäne und Isolation gäbe. Die Ostschweizer Kantone fordern derweil, dass eine Abschaffung von Quarantäne und Isolation – ja sogar des kompletten Contact Tracings – geprüft werden soll, wenn die fünfte Welle abgeflacht ist. Es gibt aber auch Kantone, die an der bisherigen Regelung festhalten wollen. «Die Erfahrung der vergangenen zwei Jahre zeigt, dass Eigenverantwortung in diesem Bereich nur in geringem Masse funktioniert», schreibt der Kanton Basel-Stadt beispielsweise.
- Ausweitung der Maskenpflicht? Der Bundesrat denkt laut darüber nach, beispielsweise ein Ess- und Trinkverbot in Bussen und Trams einzuführen und die Maskenpflicht auf 8- bis 11-Jährige auszuweiten. Davon halten die meisten Kantone nichts. «Der zu erwartende Effekt durch diese Verschärfung dürfte bescheiden ausfallen, insbesondere, wenn nicht zugleich neue, stark einschränkende Massnahmen in anderen Bereichen eingeführt werden», so die Basler Regierung. Die Westschweizer Kantone Genf und Wallis hingegen würden eine Verschärfung befürworten.
- Grossveranstaltungen einschränken? Der Bundesrat stellt sich auf den Standpunkt, dass für eine allfällige Verschärfung der Auflagen für Grossveranstaltungen die Kantone zuständig sind. Das sehen einige Kantone – unter anderem Obwalden und Basel-Stadt – aber anders. Sie wünschen nationale Regelungen, um einen Flickenteppich zu vermeiden. Die meisten Kantone haben nicht vor, kantonale Verschärfungen zu erlassen.
- Priorisierung beim Testen? Weil die Tests knapp werden, könnte der Bund bald die Teststrategie anpassen und eine Priorisierung einführen. Vorstellbar wäre beispielsweise, dass Personen mit Symptomen prioritär getestet werden und Angestellte und Besucher von Gesundheitseinrichtungen. Die Kantone sind sich diesbezüglich nicht einig. Viele Kantone – zum Beispiel Aargau, Zug und Schaffhausen – sind der Meinung, dass es eine Priorisierung braucht. Der Aargau spricht sich beispielsweise dafür aus, dass repetitive Tests nur noch an Gesundheitseinrichtungen und Schulen angeboten werden. Genf möchte das repetitive Testen ganz abschaffen. Die Ostschweizer Kantone hingegen sind dagegen, nationale Regeln zu erlassen. Eine allfällige Priorisierung soll Sache der Kantone sein.
- Weitere Vorschläge: Der Bundesrat hat bei den Kantonen unter anderem nochmals nachgehakt, wie sie zur Einführung von Fernunterricht an den Hochschulen stehen. Die Rückmeldungen sind klar: Für die Kantone kommt das derzeit nicht infrage. Gespalten ist man derweil bei der Frage nach der Aufhebung der Testpflicht für Einreisende. Zu den Kantonen, die das befürworten würden, gehören Schaffhausen, Zug, Wallis, Genf und Obwalden.