Darum wurde der junge Berner aus Versehen zum Corona-Toten
Das Protokoll der Panne

Am Freitag erklärte das BAG, ein 30-Jähriger sei an Corona gestorben. Es war eine von vielen Pannen beim Bundesamt für Gesundheit. Nun schieben sich Bund und Kanton Bern gegenseitig die Schuld zu.
Publiziert: 16.08.2020 um 22:58 Uhr
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Aktualisiert: 11.02.2021 um 20:35 Uhr
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Erstmals sei ein gesunder junger Mann unter 30 Jahren in der Schweiz an Corona gestorben. Das vermeldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG). (Symbolbild)
Foto: DUKAS
Daniel Ballmer, Sermîn Faki und Johannes Hillig

Es mahnte fast schon an ein Wunder, an eine Wiederauferstehung. Im Brustton der Überzeugung hatte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Freitag vor den Medien den Corona-Tod eines unter 30-Jährigen ohne Vorerkrankungen bestätigt. Das löste in der Bevölkerung viel Unsicherheit aus. Dann aber dementierten die Berner Kantonsbehörden am Abend, es handle sich um eine «Fehlinformation». Nun will das BAG reagieren.

Den Fehler sieht das Bundesamt allerdings nicht bei sich, das ist BAG-Sprecher Gregor Lüthy wichtig zu betonen. Vielmehr wird die heisse Kartoffel weitergereicht. Fakt aber bleibt: Der Bund hat den vermeintlichen Todesfall öffentlich bestätigt und sogar betont, dass gerade in solchen Fällen die Umstände genau nachgeprüft würden.

Fehler 1: Datum falsch eingetragen

Der Fall reiht sich in eine lange Liste von Peinlichkeiten ein, die sich das BAG in den vergangenen Wochen und Monaten geleistet hat. «Es gibt keine sicheren Systeme», so das Amt zu BLICK. Man werde jedoch eingehende Todesmeldungen verstärkt überprüfen.

Wie aber konnte es zu der Panne kommen? Es war ein Berner Arzt, der aus Versehen in der Zeile «Todesfolge» ein Datum eingetragen und am Mittwoch dem BAG geschickt hatte. Das führte dort zum Fehler in der Statistik. «Das BAG musste annehmen, dass die Person verstorben ist», schreibt das Gesundheitsamt.

Der Sprecher der Berner Gesundheitsdirektion wiederum sagt dem «Tages-Anzeiger», dass der Arzt im Feld für das Todesdatum, das eigentlich angekreuzt werden müsse, eine Zahl eingetragen habe.

Fehler 2: Trotz Unsicherheit kommuniziert

Weil man sich beim BAG nicht sicher war, habe man beim Kanton trotzdem nochmals nachgefragt. Nicht nur das Alter des Erkrankten, sondern auch dessen eigentlich milde Symptome hatten die Behörden stutzig gemacht. Dennoch wurde die Person in der Datenbank als Todesfall eingetragen. Und dann auch vor den Medien bestätigt: «Die Antwort des Kantons, dass keine Todesmeldung vorliege, kam zwei Tage später.»

Der Kanton Bern sieht es aber anders. «Das BAG ist schuld», heisst es auf eine Anfrage von Tele Bärn. Es sei vom Kanton keine Todesfallmeldung an das BAG gesandt worden. Bund und Kanton schieben sich nun gegenseitig die Schuld zu.

Das BAG hatte bereits am Freitag angekündigt, die Todesfallstatistik der Covid-19-Fälle wieder um minus eins zu korrigieren.

Nun kommts zum grossen Krisengipfel

Nicht zum ersten Mal ist es zu Problemen beim Vermelden von Corona-Fällen gekommen. Viele Ärzte kämen ihrer Meldepflicht gegenüber dem BAG gar nicht nach, schreibt die «NZZ am Sonntag». Die Mediziner hätten zwischen Mitte Juli und Mitte August nicht einmal für jeden zweiten Fall das entsprechende Formular ausgefüllt und dem Bund übermittelt.

Der Ärzte-Dachverband FMH will davon nichts wissen. Ansonsten seien Massnahmen der Aufsichtsbehörden nötig. Nunmehr nehme der Bund die Kantone in die Pflicht: Die Kantonsärzte sollen alle ausstehenden Formulare einfordern und nachliefern.

Gleichzeitig soll die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen verbessert werden. Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga (60) rufe deshalb nächste Woche zum grossen Krisengipfel, schreibt die «Sonntagszeitung». Streitereien und Kakofonie, wie sie die vergangenen Wochen geprägt haben, sollen in Zukunft verhindert werden.

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