BLICK: Herr Bischof, Finanzminister Ueli Maurer musste wegen der USR 4 (Steuervorlage 17) in der Wirtschaftskommission antraben. Was läuft schief?
Pirmin Bischof: Die neue Steuervorlage ist praktisch dieselbe, die letztes Jahr deutlich an der Urne gescheitert ist. Damit droht der erneute Absturz. Das wäre eine Katastrophe. Es braucht daher zusätzliche Anstrengungen.
In welcher Form? Der Rechten passen die höhere Dividendenbesteuerung und Kinderzulagen nicht, den Linken genügt der Ausgleich nicht.
Ohne soziale Komponente geht es nicht! Offen ist, ob höhere Kinderzulagen das richtige Mittel sind. Einige Kantone haben nichts davon, da sie bereits heute höhere Zulagen ausrichten.
Die Gewerkschaft Travailsuisse bringt nun den Vaterschaftsurlaub ins Spiel (BLICK berichtete). Ist das eine Option?
Das ist eine Option, die denkbar ist. Als Vater einer zweijährigen Tochter habe ich gewisse Sympathien dafür. Allerdings nur als ein mögliches Element in einem Sozialpaket, denn vom Vaterschaftsurlaub würden zu wenige profitieren. Damit die Reform im Stimmvolk eine Chance hat, braucht es einen breiteren Sozialausgleich.
Ihr Ansatzpunkt?
Als CVP-Vertreter liegt für mich die Beseitigung der Heiratsstrafe nahe. Wir können aber auch vom Kanton Waadt lernen, der bereits eine kantonale Lösung mit einem sozialen Ausgleichspaket – höheren Kinderzulagen, mehr Krankenkassen-Prämienverbilligung und besserer Kindertagesbetreuung – beschlossen hat.
Sie wollen das Waadtländer Modell für die Schweiz kopieren?
Nicht eins zu eins, aber die Grundidee. Eine Möglichkeit wäre, dass der Bund den Kantonen zusätzliches Geld zuspricht, das diese zwingend für Sozialmassnahmen einsetzen müssen. Jeder Kanton kann damit sein eigenes Sozialpaket schnüren, damit es in der Bevölkerung breite Wirkung entfaltet. Das wäre ein gutschweizerischer, föderalistischer Ansatz.
Wie viel darf der kosten?
Dafür müsste der Bund bis zu einer halben Milliarde Franken zusätzlich lockermachen.
Der Bund will bereits mit 800 Millionen Franken die tieferen Gewinnsteuern kompensieren. Da liegt der Sozialzustupf nicht mehr drin.
Das hätte ich vor einem halben Jahr auch gesagt. Mittlerweile denkt der Bundesrat daran, die Stempelsteuer zu streichen und damit auf zwei Milliarden zu verzichten. Mit einem Federstrich! Da werden wir auch für den Sozialausgleich die Mittel finden.
Eine andere Variante wäre, die Fehler bei der USR II zu korrigieren und das umstrittene Kapitaleinlageprinzip anzupassen.
Das wird bestimmt ein Diskussionspunkt sein. Ich persönlich kann mir eine solche Korrektur vorstellen. Aber selbst dann wird es nicht ohne soziale Komponente gehen. Es braucht ein Stück von beiden für eine mehrheitsfähige Reform.
Noch herrscht viel Uneinigkeit, ein langes Hickhack ist programmiert.
Nicht ein langes, sondern ein heftiges und schnelles Hickhack! Es sind sich alle von links bis rechts bewusst, dass es diese Reform braucht. Ziel ist eine Inkraftsetzung auf 2019. Meine grösste Sorge ist, dass wir im Parlament ein Paket verabschieden, das vor dem Volk nicht standhält.