In der CVP-Fraktionsfamilie sei Präsident Gerhard Pfister (56) der eigenwillige Sohn, der etwas zu oft mit den ungezogenen Jungs von rechts nebenan spielt, heisst es im Bundeshaus. Jetzt vergrämt er mit seinem wertkonservativen Kurs prominente CVPler aus dem linken Lager. Die beliebte Nationalrätin Barbara Schmid-Federer (52) tritt zurück und sagt dazu im «Tages-Anzeiger»: «Ich verheimliche nicht, dass mir der heutige Kurs der CVP das politische Leben erschwert.»
BLICK: Ist die CVP zu rechts geworden, Herr Pfister? Ihnen schwimmen die Felle davon.
Gerhard Pfister: Aus der Sicht einer christlich-sozialen Barbara Schmid-Federer mag das so sein. Wir haben dieses Leitbild in der Partei festgelegt, und es wurde von einer grossen Mehrheit der Delegierten angenommen. Aber es ist nicht alles schwarz-weiss: Frau Schmid-Federer hat beispielsweise bei der Altersvorsorge eine sehr wichtige Rolle gespielt. Da hat die CVP keine rechte Position.
Trotzdem hat man das Gefühl, dass Ihnen die Frauen, die innerhalb der CVP progressiver sind, abhanden kommen und durch bürgerliche Männer ersetzt werden. Auf Schmid-Federer folgt der Wädenswiler Stapi Philipp Kutter. Und auch die Zürcher Nationalrätin Kathy Riklin geht. Tut sie das vor den Wahlen, folgt mit Josef Wiederkehr ebenfalls ein bürgerlicher Mann.
Es ist nicht mein Kurs, sondern der Kurs der CVP. Dieser ist in der Mitte und bleibt auch da. Aber es ist klar, dass christlich-soziale Frauen andere Eindrücke haben. Genau so, wie konservative CVPler auch mal Mühe mit einem Parteientscheid haben.
Schmid-Federer sagt, dass es «mit dem aktuellen Kurs nicht gelingen wird», den Abwärtstrend zu stoppen. In Zürich und der Innerschweiz hat die CVP mit diesem Kurs schmerzlichste Verluste erlitten.
Gerade darum habe ich initiiert, dass eine christlich-soziale Vereinigung gegründet wird.
Bedauern Sie Schmid-Federers Rücktritt eigentlich?
Ja, ich bedaure ihn sehr. Frau Schmid-Federer hat sehr grosse und engagierte Arbeit geliefert. Ich rechne ihr aber ausserordentlich hoch an, dass sie ihren Rücktritt zugunsten der CVP Kanton Zürich macht. Sie gibt ihrem Nachfolger Philipp Kutter genügend Zeit, sich vor den Wahlen zu etablieren.
Tut er das nicht, wird die Zürcher CVP ihre Nationalratssitze 2019 wohl kaum halten können. Ohne prominente Namen kann man schlecht Wahlkampf betreiben.
Klar, es ist immer ein Risiko, wenn Mandatsträger, die sehr viele Stimmen gebracht haben, den Rat verlassen. Aber ich habe keine Zweifel, dass wir die Sitze von Schmid-Federer und Kathy Ricklin halten können.
Nicht nur die beiden Frauen von der Front gehen. Mit der Generalsekretärin Béatrice Wertli und der Kampagnenleiterin Laura Curau verlassen Sie zwei weitere Schlüsselfrauen. Ganz zu schweigen von Bundesrätin Doris Leuthard, die spätestens Ende Legislatur aufhört. Hat die CVP ein Frauenproblem?
Nein, das haben wir ganz sicher nicht. Sonst hätte die CVP Kanton Zug gestern nicht als einzige bürgerliche Partei eine Frau für die Regierungsratswahlen nominiert. Die Abgänge sind zufällige Konstellationen, die haben nichts miteinander zu tun.
Gerhard Pfister (55) wuchs auf dem Ägeriberg ZG auf. Nach der Primarschule besuchte er die Klosterschule Disentis. Er hat in Freiburg Literatur und Philosophie studiert und über den Schriftsteller Peter Handke doktoriert. Nach dem Tod des Vaters führte er dessen Schulinternat bis zur Schliessung 2008 weiter.
Von 1998 bis 2003 sass Pfister im Zuger Kantonsrat, wo er am 27. September 2001 während einer Ratssitzung den Amoklauf von Friedrich Leibacher miterlebte, bei dem 14 Politiker den Tod fanden, bevor sich Leibacher selbst das Leben nahm.
2003 wurde Pfister in den Nationalrat gewählt. 2016 übernahm er das Präsidium der CVP Schweiz.
Gerhard Pfister (55) wuchs auf dem Ägeriberg ZG auf. Nach der Primarschule besuchte er die Klosterschule Disentis. Er hat in Freiburg Literatur und Philosophie studiert und über den Schriftsteller Peter Handke doktoriert. Nach dem Tod des Vaters führte er dessen Schulinternat bis zur Schliessung 2008 weiter.
Von 1998 bis 2003 sass Pfister im Zuger Kantonsrat, wo er am 27. September 2001 während einer Ratssitzung den Amoklauf von Friedrich Leibacher miterlebte, bei dem 14 Politiker den Tod fanden, bevor sich Leibacher selbst das Leben nahm.
2003 wurde Pfister in den Nationalrat gewählt. 2016 übernahm er das Präsidium der CVP Schweiz.